In einem Land vor unserer Zeit
Der Planet Erde ist etwas über 4 Milliarden Jahre alt, da ist es doch eigentlich bloß ein Katzensprung, wenn wir nur um ungefähr knapp 10% in der Zeit zurückreisen und uns ein bisschen umsehen. Zu dieser Zeit, die mit dem Perm vor ungefähr 300 Millionen begann und mit dem Jura vor etwa 150 Millionen endete, sah der Planet wirklich anders aus als wir es von heute kennen – oder besser gesagt: Komplett alles war total anders.
Bestimmt haben Sie in Erdkunde gut aufgepasst und erinnern sich noch, dass es zu dieser Zeit exakt einen einzigen Kontinent gab; jegliche Landmasse des gesamten Planeten befand sich an einem einzigen Ort, der geradezu unfassbar riesig war (logisch). Heute nennen wir diesen geologischen Brocken, diesen Superkontinent, „Pangäa“.
Alles in Einem
Pangäa erstreckte sich von Norden nach Süden und wurde nur durch den Äquator geteilt, wenn man das mal so ausdrücken will. Der nördliche Teil umfasste dabei alles, was wir heute als Nordamerika und Eurasien kennen (was es tatsächlich heute auch ist), während der Süden etwas fleißiger gesammelt hatte und das spätere Südamerika, Afrika, Indien, Antarktika, Australien, Arabien, Madagaskar, Neu Guinea und Zealand enthielt. Man könnte aus heutiger Sicht allerdings auch sagen: Diese Landmasse war offenbar entscheidend weniger stabil und zerfiel demnach später in entsprechend mehr Teile …
Vor ungefähr 150 Millionen Jahren jedenfalls reichten die beiden dann schließlich die Scheidung ein, trennten sich und wanderten in verschiedene Himmelsrichtungen ab, wobei sie mehr oder weniger auseinanderbrachen. Das Ganze dauerte natürlich eine ganze Weile – und ist bis heute nicht abgeschlossen – aber naja.
Hitzewelle
Auf jeden Fall wurde es 100 Millionen Jahre später (mit Beginn des Eozän) sehr schnell sehr warm auf der Erde, was zu einer gewaltigen Ausdehnung der tropischen Regionen führte und es mit sich brachte, dass Flora und Fauna einen regelrechten Wachstumsschub erlebten. Unter anderem kamen in dieser Zeit die Säugetiere so richtig in Schwung (gut für uns) – die Dinos hatten da ohnehin schon längst das Zeitliche gesegnet.
Jetzt haben Sie in der Zwischenzeit wahrscheinlich noch mal schnell oben im Titel nachgesehen, ob Sie sich vielleicht verklickt haben, oder was dieser ganze erdgeschichtliche Unsinn mit Steinobst zu tun haben soll, aber seien Sie gewiss: Auf eine (zugegeben etwas speziellere) Weise macht das alles hier schon seinen Sinn.
Rosengarten Eden
Jedes Steinobst gehört nämlich zur Familie der „Rosengewächse“ (Rosaceae) und zur Gattung „Prunus“ (was übersetzt Pflaume(nbaum) bedeutet) – und bei beiden wird es erdgeschichtlich interessant: Die Rosaceae sind nämlich bereits seit dem Eozän (also dem Erdzeitalter mit der Erwärmung vor 50 Millionen Jahren) sicher belegt, kommen historisch eher auf der Nordhalbkugel vor (also entsprechend überall da, wo früher Eurasien und Nordamerika zusammenhingen) und sind erst sehr viel später (also ungefähr 25 Millionen Jahre später) da anzutreffen, was früher mal „Gondwana“ war (um im Bild zu bleiben: Süd-Pangäa). Und unsere Gattung Prunus macht genau dasselbe wie die Rosaceae und wächst und gedeiht ebenfalls eher nördlich des Äquators.
Gut beobachtet!
Wie gesagt bedeutet Prunus Pflaume und so gesehen ist das auch gar keine so schlechte Idee von den namensgebenden, alten Römern gewesen, denn wenn wir über Steinobst sprechen, bringt dieser Begriff im Grunde alle gemeinsamen Eigenschaften dieser Gruppe ziemlich gut auf einem Punkt zusammen: meistens süß, essbare Schale, essbares Fruchtfleisch, saftig und mit einem (!) festen Stein in der Mitte.
Sämtliches typisches Steinobst – Kirsche, Pfirsich, Pflaume, Aprikose, Mirabelle, Zwetschke und Nektarine - folgt diesen Kriterien und ist damit gut beschrieben – und sämtliches Steinobst gehört eben auch zur Familie der Rosengewächse und zur Gattung Prunus.
Das genetische Erbe
Interessant sind in diesem Zusammenhang zwei Aspekte:
Zum einen sind die Rosengewächse mit der deutlichen Erderwärmung zu Beginn des Eozän aufgekommen – und auch heute noch liebt vor allem das Steinobst (das Kernobst allerdings auch bis zu einem gewissen Punkt) viel Wärme und moderate Niederschläge - was dem damaligen Klima sehr nahe kommen dürfte - es gedeiht entsprechend gut in den entsprechenden Landschaften und Klimazonen. Scheinbar hat sich in der DNA dieser Pflanzen etwas sehr stark durchgesetzt und blieb entsprechend erhalten – was ganz nebenbei auch dazu geführt hat, dass die verschiedenen Steinobstsorten recht eng miteinander verwandt sind.
Zweitens stammt „unser“ Steinobst auch botanisch-historisch aus Europa bzw. Asien (also Pangäa Nord), bzw. hat sich biologisch-evolutionär hier entwickelt, was erklärt, warum es in den südlichen Gefilden nur in ziemlich überschaubarer Vielfalt vorzufinden ist.
Wie auch immer: Es kann doch keine ganz schlechte Idee sein, extrem köstliche und höchst gesunde Früchte in großen Mengen zu essen und zu genießen, bei denen die Natur mindestens 50 Millionen Jahre lang Zeit hatte, sie zur absoluten Perfektion zu bringen …
Und die anderen Obste?
Interessant ist in diesem Zusammenhang übrigens noch, dass das Kernobst – also Apfel, Birne oder auch Quitte - zwar ebenfalls zur Familie der Rosengewächse gehört, allerdings fehlt in dieser Gruppe der „gemeinsame Nenner“ Prunus: Darum sind die jeweiligen Verwandtschaftsgrade hier auch entschieden deutlicher voneinander entfernt.