Speck ist nicht gleich Speck
Das geht ja schon gut los: Wir sagen Speck und meinen sehr oft etwas ganz anderes damit. Speck ist laut Definition nämlich keineswegs mit Fleisch durchwachsen, sondern meint die Fettschicht auf dem Rücken des Schweins, die zwischen der Haut, der Schwarte, und dem eigentlichen Muskelfleisch liegt. Echter Speck wird oft roh bzw. nur luftgetrocknet verarbeitet und heißt dann gerne auch grüner Speck, was sich sofort wieder ändert, wenn das Stück geräuchert oder gepökelt wird oder beides.
Typischer Speck
Etwas genauer ist da schon der Begriff durchwachsener Speck, und dieser ist außerdem auch die typischste Variante, die wir als Bauchspeck, Frühstücksspeck oder auch Bacon kennen. Hier ist das Fettgewebe mit Muskelfleisch durchwachsen und diese Kombination macht das Bauchfleisch besonders saftig und aromatisch. Allerdings kommen ein paar entscheidende Aromen nicht aus dem Fleisch selbst, sondern entstehen durch das, was das Bauchfleisch erst zum Bauchspeck macht: Zuerst wird der Schweinebauch (der zuvor von Rippen und Brustknochen befreit wird) gepökelt, dann getrocknet, dann geräuchert und dann gereift.
Das Pökeln zielt zum einen auf eine bessere Haltbarkeit des Stücks ab, indem dem Fleisch durch die Verwendung von ziemlich viel Salz jede Menge Wasser entzogen wird. Kalium- oder auch Natriumnitrit sorgt zuverlässig dafür, dass das Fleisch seine schöne rote Farbe auch dann nicht verliert, wenn es entweder weiter trocknet oder später dann erhitzt wird. (Das ist auch der Grund dafür, dass zum Beispiel Kasseler beim Garen nicht grau wird.) Außerdem kommen mit dem Nitrit auch Aromen ins Spiel, die sehr typisch für Pökelfleischprodukte sind. Traditionell würde der Speck recht lange in einer entsprechenden Lake ruhen, aber die Industrie hat dafür natürlich keine Zeit, weswegen die Lake hier meistens mit sehr robusten Nadeln tief in das Stück gespritzt wird.
Nach dem Pökeln darf das Stück ein bisschen ruhen, damit die ja immerhin nur von außen einwirkenden Substanzen (Ausnahme: Industrie) genügend Zeit bekommen, bis in Innere des zukünftigen Frühstücksspecks einzudringen. Dann soll es an der Luft trocknen und erst danach geht es ans Räuchern. Wie immer, wenn es zusätzlich zum Aroma auch darum geht, das Fleisch (oder den Fisch) besonders haltbar zu machen, wird das Stück kalt geräuchert, es soll also nicht durch Wärme garen. Bei Temperaturen, die je nach Rezept zwischen 15 und 25 Grad Celsius liegen, wird das zuvor kräftig gewürzte Stück manchmal über Wochen und Monate dem Rauch von schwelendem Holz ausgesetzt – meistens Hartholz, im Schwarzwald und in Tirol aber gerne auch Nadelholz.
Ist dieses zeitraubende Unterfangen erledigt, schließt sich der nicht minder langwierige Prozess der eigentlichen Reifung an, bei der der Speck – an einem Haken in der Luft baumelnd – sein finales Aroma entwickelt. Bis zu zwei Jahre kann das dann noch dauern.
Speck kann von vielen Stellen kommen
Beim Schinkenspeck ist die Herstellungsweise im Grunde identisch, hier stammt allerdings das Fleisch, wie der Name schon sagt, nicht vom Bauch, sondern von der Hüfte des Schweins (und zählt somit bereits zum Teil der Keule, zum Schinken), die nicht unten links, sondern oben rechts zu finden ist, wenn die Sau nach links guckt. Überhaupt gilt mehr oder weniger immer die Regel, dass die Stelle die Bezeichnung definiert: Je nachdem, wo der Metzger sein Messer ansetzt, gibt es am Ende Halsspeck (Schopf), Schulterspeck, Karree (Rücken), Bauch- oder eben Schinken- oder auch Schlegelspeck.
Besonders hochwertiger Speck
Ein paar Ausnahmen von dieser grundsätzlichen Regel gibt es allerdings schon, denn ein Südtiroler Bauernspeck zum Beispiel stammt natürlich nicht von einem Südtiroler Bauern, sondern von Schweineschinken, der von einem besonders naturnah und hochwertig aufgewachsenen Schwein kommt, sehr sorgfältig gewürzt und dann besonders aufwendig weiterverarbeitet wird. Während man nördlich der Alpen den Schinken eher durch Räuchern haltbar macht und im südlichen Italien schlicht an der frischen Luft trocknet, haben die schlauen Südtiroler beide Herstellungsverfahren kombiniert – immerhin leben sie ja auch ziemlich genau in der Mitte. Die Keulen, in Südtirol Schlegel genannt, werden nach dem Pökeln nur leicht kalt geräuchert und dann mindestens 22 Wochen an der Luft gereift. Das Ergebnis ist dermaßen genial, dass der Südtiroler (Bauern-)Speck seit 1996 durch die Bezeichnung „geschützte geografische Angabe (g. g. A.)“ der Europäischen Union in den Adelsstand erhoben wurde.
Und weil das so gut an diese Stelle passt: Die Zusatzbezeichnung „Bauern-“ oder „Land-“ ist bei Produkten dieser Art keine Herkunfts-, sondern eine reine Qualitätsbezeichnung. Der Namenszusatz sagt in diesem Zusammenhang aus, dass das Produkt trockener, somit „konzentrierter“ und noch wertvoller ist.
Speck für Carbonara und Amatriciana
Ebenfalls aus der speckigen Reihe tanzt – allerdings nur in der deutschen Sprache – der italienische Guanciale, ohne den es keine anständigen Spaghetti alla carbonara und auch keine Spaghetti all’amatriciana gäbe. Dieser Speck stammt nämlich nicht von Bauch, Rücken oder von der Keule des Schweins, sondern wird aus der Schweinebacke gewonnen, die auf Italienisch Guancia heißt. Guanciale kann zwar durch den ganz ähnlich hergestellten Pancetta ersetzt werden, wenn man es nicht ganz so genau nimmt, allerdings entspringt dieser nur dem Bauchspeck des Schweins. Guanciale dagegen hat einen deutlich höheren Fettgehalt – etwa 70 % gegenüber 50 % bei Pancetta – und einen entsprechend intensiveren Geschmack.
Speck in der Küche
Sehr guter Bauch- oder Schinkenspeck kann auch roh genossen werden, gerade die industriell gewonnenen Produkte aber eignen sich eher zum Braten, Garen, Schmoren, Grillen oder auch Kochen (und dafür sind sie auch gedacht und hergestellt worden).
Denn Speck kann in der Küche viel mehr als gut auf einem Burger oder neben einem Ei schmecken. Er wird auch gerne zum Spicken verwendet, also zum Durchziehen von Fleisch mit Speck, um noch mehr Saft ins Fleisch zu bekommen. Man setzt ihn zum Bardieren ein, wobei mageres Fleisch mit dünnen Speckscheiben belegt oder vollständig umwickelt wird, um vorzeitiges Austrocknen zu verhindern. Speck ist gefragt zur Herstellung von Schmalz, gewürfelt oder gemahlen zur Herstellung von Würsten, als Füllung von Knödeln und für vieles mehr.
Speck kennt viele Varianten
Aber natürlich ist Speck nicht gleich Speck, wie wir ja weiter oben schon festgestellt haben. Er muss nicht immer zwingend gepökelt und geräuchert werden.
In Österreich lieben sie zum Beispiel ihren „Surspeck“, der nach dem Pökeln nur noch in die Luft gehängt und zuvor nicht geräuchert wird.
Luftgetrockneter Speck wird gesalzen und gewürzt und anschließend ungepökelt acht bis zehn Monate an der frischen Luft getrocknet und gereift.
Und für gegarten Speck wird meist Bauchspeck verwendet, der nass gepökelt und anschließend entweder heiß (!) geräuchert oder gar feucht abgebrüht wird.
Auch Rinderspeck ist im gut sortierten Handel erhältlich und wird meist unter der Bezeichnung „Beef Bacon“ vermarktet. Die Herstellung ist mehr oder weniger identisch mit der von Schweinespeck, da aber sowohl die Aufzucht der Tiere als auch die Produktion aufwendiger sind, ist Rinderspeck meist keine besonders günstige Angelegenheit. Auf der anderen Seite punktet er mit kräftigen Rindfleischaromen und manchmal auch mit einem geringeren Fettgehalt.