Was eine Preiselbeere ist – und was nicht
Lassen Sie uns gleich mit der vielleicht wichtigsten Information beginnen: Nur eine Preiselbeere ist eine echte Preiselbeere. Die Beeren, die im Handel oft als „Kulturpreiselbeeren“ vermarktet werden, haben mit der Preiselbeere nur gemein, dass auch sie zur Gattung der Heidelbeeren zählen. Botanisch gesehen haben die beiden aber überhaupt nichts miteinander zu tun, es handelt sich um zwei völlig verschiedene Arten. In Wahrheit steckt hinter der „Kulturpreiselbeere“ nichts anderes als die Cranberry, die auch als (großfrüchtige) Moosbeere bekannt ist und völlig anders schmeckt.
Allerdings gibt es natürlich Preiselbeeren, die gezielt gezüchtet und angebaut werden, was sie so gesehen zu Kulturbeeren macht; verkauft werden sie aber als Preiselbeeren und als nichts anderes. (Es sei denn, man befindet sich gerade in Nordwestdeutschland, wo sie Kronsbeere heißen; in Thüringen kennt man sie als Braunschnitzer, im Erzgebirge als Graslitzbeer, in Bayern als Granten und – und das ist vielleicht der sympathischste Name – in Westfalen als Dröppelkes.)
Sehr gerne werden Preiselbeeren auch mit Blaubeeren verwechselt, zumindest dem Namen nach. Sie leuchten aber, wenn sie reif sind, kräftig hellrot und sind nicht besonders süß, sondern eher sauer-bitter. So gesehen kann man also zwar den Namen, keineswegs aber die Beeren miteinander verwechseln.
Wo Preiselbeeren gut wachsen
Preiselbeeren sind mehr oder weniger in ganz Eurasien, in Neufundland und auf Labrador zu finden, wachsen allerdings bevorzugt auf sauren (Wald-)Böden, Sandböden, sandig-steinigen Lehmböden und gerne auch sauren Moorböden, in denen sie bis zu einen Meter tief wurzeln. Außerdem lieben Preiselbeeren die Sonne und finden mäßig feuchte und nicht zu trockene Standorte ganz toll. Kein Wunder, dass sie sich in Skandinavien so wohlfühlen – und ebenso ist es keine Überraschung, dass es sehr kompliziert bis unmöglich ist, echte Preiselbeeren im eigenen Garten zu ziehen, weil sie nun einmal dieses ganz besondere Bodenklima brauchen.
Preiselbeeren sind winterfest
Die immergrüne, aufrecht wachsende, aber als Zwergstrauch nicht besonders hohe Preiselbeere ist vergleichsweise empfindlich gegenüber Frost, wobei man das aber auch anders sehen kann: Schaden nimmt die Preiselbeere erst ab winterlichen Tiefsttemperaturen von −22 Grad Celsius. Trotzdem kommt sie nicht nur in der nördlich gemäßigten Zone vor, sondern schafft es bis in den arktischen Polarkreis hinein, wo schnell mal eben Temperaturen von −50 Grad Celsius erreicht werden.
Die extrem tiefen Temperaturen kann sie allerdings nur aushalten, wenn sie zuverlässig von einer ausreichend dicken Schneeschicht bedeckt ist, die mindestens 30 Zentimeter beträgt. Der Trick der Preiselbeere ist also gleichzeitig ihre Beschränkung: Einerseits befinden sich alle zum Überleben wichtigen Bestandteile der Pflanze unterhalb der 30 bis 50 Zentimeter, die die Schneedecke beträgt, und können dementsprechend nicht mehr erfrieren, weil der Schnee ja vor der ganz brutalen Kälte schützt. Andererseits begrenzt diese Methode aber auch das Höhenwachstum, weil alles, was oben aus dem Schnee rausguckt, unvermeidlich abstirbt. Und nur für den Fall, dass Sie ein Freund von nutzlosem Partywissen sind, können Sie sich gerne den wissenschaftlichen Begriff hierfür merken: Chamaephyt.
Preiselbeeren und der Mensch
Wilde Preiselbeeren wurden schon zu prähistorischen Zeiten fleißig gesammelt. Das war zwar recht mühsam, bescherte den emsigen Pflückern aber eine zuverlässige Vitaminquelle über den Winter hin: Von allen vergleichbaren Beeren sind Preiselbeeren am längsten haltbar; sie können bis ins Folgejahr hinein getrocknet und ohne weitere Konservierung (also ohne Zuckerzusatz) aufbewahrt werden. In der Neuzeit hat es erstaunlich lange gedauert, bis man sich darangegeben hat, Preiselbeeren gezielt anzubauen. Erste zaghafte Versuche fanden Anfang der 1960er-Jahre in Schweden (sehen Sie: Skandinavien) und etwas später dann im Baltikum statt. Auch die Niederlande nahmen sich des vielversprechenden Themas an, fahren aber aktuell die Produktion wieder zurück, weil es viel einfacher ist, Cranberrys anzubauen (und vor allem zu ernten).
Preiselbeeren sind gesund
Gerade wegen ihrer leicht bitteren und sauren Note ist die Preiselbeere in der Küche eine geschätzte und beliebte Frucht, vor allem als Beilage zu Wildgerichten, zu Wiener Schnitzel und natürlich als hochwillkommener Partner zu gebackenem Camembert. Wegen ihres herb-sauren Geschmacks, der auf den ziemlich hohen Anteil von Fruchtsäuren zurückzuführen ist (zum Beispiel Benzoe-, Ascorbin- und Salicylsäure), wird sie allerdings nur selten roh gegessen, sondern meistens als Zubereitung in Form von Kompotten oder Konfitüren genossen. Wegen ebendieses hohen Gehalts an Ascorbinsäure (die ja nichts anderes ist als Vitamin C) sowie an Benzoe- und Salicylsäure, die als natürliche Konservierungsmittel verstanden werden, sind Erzeugnisse aus Preiselbeeren meist besonders gut haltbar.
Preiselbeeren enthalten neben dem schon erwähnten Vitamin C auch die Vitamine B1, B2, B3 und Betacarotin (also Provitamin A), an Mineralstoffen sind vor allem Kalium, Calcium, Magnesium und Phosphat erwähnenswert. Zucker ist eher wenig enthalten, was sich deutlich auf die Kalorienbilanz auswirkt: 100 Gramm Preiselbeeren bringen es nicht einmal auf 40 Kilokalorien.