Picknick
Das Konzept, sich zu Schmaus und manchmal auch Saus unter freiem Himmel zusammenzufinden, ist – aus naheliegenden Gründen – so alt wie die Menschheit selbst. Umso erstaunlicher mutet es dann aber auch an, dass es gut und gerne ein paar Zehntausend Jahre gedauert hat, bis wir uns auf einen entsprechend einheitlichen und allgemeingültigen Begriff für dieses Vergnügen geeinigt haben, mit dem alle gut leben können und der das Ganze auch trennscharf und glasklar beschreibt: Picknick oder, wenn Sie es französisch-elegant bevorzugen: pique-nique.
Klein, aber fein
Die genaue Herkunft des Begriffs ist ein bisschen rätselhaft, vermutlich geht die Bezeichnung aber auf das französische Verb "„piquer"“ (stechen, piksen, aufspießen) und eventuell auf das Substantiv "„nique"“ (eine kleine Sache, etwas Wertloses) zurück, womit im Grunde ja schon alles gesagt ist: Ein Picknick ist keine Grillparty, kein Dinner auf der Wiese mit allem Drum und Dran und schon gar keine opulente Nahrungszuführung nach allen Regeln der Kunst. Beim Picknick lässt man sich auf einer Decke nieder und stärkt sich mit ein paar gut zu transportierenden, gut haltbaren – also auch bei Wärme noch zuverlässig ungiftigen (darum Vorsicht bei Mayo!) – und einfach zu essenden und trinkenden Kleinigkeiten, wobei die Qualität idealerweise die Quantität schlägt.
Drinnen oder draußen?
Interessanterweise handelte es sich bei den ursprünglichen Picknicks in Frankreich keineswegs um ein Essen im Freien, sondern vielmehr um Zusammenkünfte, die drinnen stattfanden, manchmal sogar in Restaurants. Einzige Gemeinsamkeit mit dem, was wir heute oft unter einem Picknick verstehen, war, dass alle Teilnehmer kleine Leckereien mitbrachten, sie miteinander teilten und gemeinsam genossen.
Und weil wir es ja manchmal ganz gerne ganz genau nehmen, sei an dieser Stelle dennoch ein Hinweis gestattet: Dafür, dass jeder etwas mitbringt, von dem sich dann später alle bedienen können und sollen, ist eigentlich der Begriff „Potluck“ etabliert – und diese Art der Buffet-Erzeugung ist dann tatsächlich wieder etwas, was noch heutzutage in Innenräumen stattfindet ….
Gloria Victoria
Auf jeden Fall gibt es das Wort zwar schon ungefähr seit dem Ende des 17. Jahrhunderts, seine heutige Bedeutung und eine größere Popularität erlangte das Picknick aber erst im 19. Jahrhundert, was vor allem England und dessen damals amtierender Regentin Victoria zu verdanken ist. Sie war es nämlich, die sehr gerne und ziemlich oft im hauseigenen Garten – ach was!, Park! – dinierte, und weil zu ihrer Zeit (im berühmten viktorianischen Zeitalter) das britische Empire so gut wie die halbe Welt beherrschte, genoss die Königin höchsten Respekt und war in so ziemlich allem, was sie tat und machte, Vorbild für all die anderen, die auch so gerne adelig oder zumindest gesellschaftlich ein bisschen höhergestellt gewesen wären.
Teatime 2 go
Das Picknick wurde also sehr schnell auch in der Mittelschicht beliebt, Tee und Sandwiches durften bei keinem Ausflug fehlen. Und so kam es, dass, – ebenfalls im 19. Jahrhundert, – der praktische klassische Picknickkorb erfunden wurde, in dem sich eine Decke, Geschirr, Besteck und natürlich auch die Speisen und Getränke befanden. Sie sehen: Mit diesem dann doch eher bescheidenen Set-up waren große Gelage schlichtweg unmöglich. Die feinen Engländer hatten ohnehin genug zu tragen, denn ein echtes Picknick war ohne Tee natürlich undenkbar, sodass man bis zur Erfindung der privat verwendbaren Thermoskanne in den 1920er -Jahren außer dem Korb auch noch ein tragbares Kochgerät mitzuführen hatte. Also, so richtig praktisch war das Ganze dann ja auch irgendwie nicht …
Die helle Freude
Aber Spaß macht es schon, oder besser gesagt: kann es machen, sich im Freien zu versammeln, es sich auf einer Decke gemütlich zu machen und das schöne Wetter und die Natur zu genießen.
Oder vielleicht ja doch nicht immer so ganz?
Nichts für ungut
Wir haben eine vollkommen nutzlose, anekdotische, überhaupt nicht ernst gemeinte und keineswegs repräsentative Aufstellung gesammelt, die so typisch für ein Picknick sein kann, wie die unausweichlichen „Weingläser“ aus gepresstem, durchsichtigem Kunststoff in den billigen Picknickkörben der 70er- und 80er -Jahre…..
Wespen #1
Sobald Sie den Park oder eine andere beliebige Grünfläche betreten, beginnt die Generalmobilmachung aller Wespenvölker in einem Umkreis von mindestens 500 Metern, um den Nervösesten (und eventuell Allergischsten) in der Gruppe zu terrorisieren. Dem armseligen Opfer bieten sich dann drei – manchmal sehr viel Heiterkeit bei den Nichtbetroffenen hervorrufende – Möglichkeiten:
- Wild mit den Armen wedeln und ganz sicher gestochen werden
- Ignorieren (unmöglich)
- Ohne jede Anmut oder Würde mehrfach um die gewählte Picknickstelle herumlaufen, nutzlose Haken schlagen und dabei seltsame und laute Geräusche von sich geben
Quiche #1
Die Quiche, in deren Zubereitung im Vorfeld mehrere Stunden liebevollen Knetens, Schnipselns und Quirlens geflossen sind, wird auf jeden Fall bewundert – um dann für Chips und Salzstangen liegen gelassen zu werden.
Ameisen
„Aaargh, Ameise!!!"
„Ist nicht schlimm, ist doch nur die eine, die tut nix."
„Wo eine ist, sind auch noch andere …“
„Also, ich seh nur die eine … Moment … Oh, Mist, lass uns ganz schnell woandershin!“
Drei Sekunden
Steril bleibt steril, auch wenn es mal zu Boden fiel?! Es gibt ja auch so schon großen Streit um die berühmte „Drei -Sekunden -Regel,“, aber: gelten die drei Sekunden auch für Rasen? Matsch? Sand? Pfützen? Plastiksandalen?
Wespen #2
Eins der Kinder hat beobachtet, wie eines der gestreiften Monster in den Tiefen des Picknickkorbs verschwunden ist. Die Wespe kann visuell nicht geortet werden und folgerichtig sorgt fortan jeder künftige Griff in den Korb für massive Adrenalinschübe – vor allem bei den Opfern aus Fall #1.
Quiche #2
Sie haben Menge und Bedarf an mitzubringenden Speisen mal wieder total überschätzt. Vor allem die von Dips, Obst und natürlich Quiche. Kein Wunder, dass die mal wieder übrig bleibt.
Kinder #1
Das Kind Ihrer Schwester hat eine total coole Sonnenbrille – Ihr Kind hat … keine. Tränen, Tobsuchtsanfälle, Fluchtversuche und Vorwürfe folgen …. Gute Gelegenheit, Ihrem Spross nochmals eindringlich klarzumachen, dass man mit Essen weder spielt noch wirft – und dass eine Quiche keine Frisbeescheibe ist ….
Kinder #2
Noah, drei Jahre, hat es wie durch Zauberei geschafft, sich böse beide Knie aufzuschürfen, obwohl weit und breit keine einzige harte oder raue oder steinige Oberfläche zu finden ist.
Wein
Noahs Eltern haben eine – an diesem Punkt sehr willkommene – Flasche Wein dabei. Die allgemeine Freude ist groß, und so dauert es nicht lange, bis jemand die unausweichlichen Worte spricht: "„Hat irgendwer an den Korkenzieher gedacht?"?“
Wespen #3
„JA! Die ist im Kuchen. Ich meine: IM Kuchen. Ich hab’s genau gesehen! Fass bloß den Kuchen nicht mehr an!"
Ende
Ungefähr jetzt sind wahrscheinlich alle ziemlich froh, dass es vorbei ist. Noch schnell den Kram zusammenräumen und raus aus dem Park. Kann irgendwer erklären, wie es kommt, dass das allgemeine Müllvolumen jetzt ungefähr dreimal so groß ist, wie der ursprüngliche Picknickkorb?
Mehr
So weit unsere persönlichen Top Ten. Global bekannt und anerkannt ist aber darüber hinaus auch noch, dass …
… einem das hart gekochte Ei erst dann (dann aber ganz sicher) aus der Hand fällt, wenn es vollständig gepellt ist und man auf Sandboden sitzt.
… die Feuchttücher immer zu Hause auf dem Küchentisch liegen.
… einem das Aroma von „Eau de Hundehaufen“ auf mysteriöse Weise folgt, egal, wohin und wie oft man auch mit seiner Picknickdecke und all den anderen Sachen umzieht.