Paprika

Die Natur lässt sich ja immer eine ganze Menge interessantester Strategien einfallen, wenn es um die Vermehrung und die Verbreitung von Leben geht. Die Paprika, bzw. ursprünglich der Chili, macht da keine Ausnahme – hier wird das Ganze aber auch schon fast auf die Spitze getrieben. Warum ist ein Chili so scharf und bunt? Was hat es mit den Samenkörnern auf sich? Und was hat das Ganze mit Vögeln zu tun?

Entstehung und Verbreitung von Paprika

Der eine Wunsch

Stellen wir uns nur zum Spaß mal vor, dass eines längst vergangenen Tages – und aus welchen Gründen auch immer – die berühmte gute Fee bei der Paprika aufgetaucht wäre, um ihr den ebenso berühmten einen Wunsch zu erfüllen. „Was wünschst du dir, Paprika?“ „Oh, maximale Verbreitung“, hätte die Paprika geantwortet, „meinst du, das wäre machbar?“ „Ja, klar, wir müssen nur die Vögel umbauen und auf die großen Schiffe warten.“ „Wie baut man denn Vögel um – und was sind Schiffe?“ „Das lass mal meine Sorge sein“, sagte die gute Fee und entschwand.

Die umgebauten Vögel

Paprikas, wissenschaftlicher Name: Capsicum, sind ursprünglich sehr scharf und diese Schärfe ist ursprünglich als Abwehrmechanismus gegen Säugetiere zu verstehen. Säugetiere (die ja meistens nicht viel weiter als in einem Umkreis von vielleicht zehn Kilometern nach Nahrung suchen und somit nicht gerade für „maximale Verbreitung“ infrage kommen) lernen schnell, scharfe Paprika zu meiden, wozu auch die gute Wiedererkennbarkeit durch die oft leuchtend rote Farbe beiträgt.

Für Vögel hingegen sind die Früchte überhaupt nicht scharf, da die anders aufgebauten Rezeptoren auf ihren Nervenzelloberflächen einfach nicht auf Capsaicin reagieren, also auf den Stoff, aus dem die Schärfe kommt. Und weil die Verdauung der Vögel die Samen nicht zersetzt, werden diese mit dem Kot wieder ausgeschieden. Dies geschieht oftmals, wenn sich die Vögel (schön weit weg, manchmal Hunderte von Kilometern) auf Bäumen niederlassen, weswegen sich das wilde Capsicum oft im Schatten größerer Bäume findet. Der die Samen umgebende Kot weicht einerseits die Samenhülle auf, sodass der Keimling sie später dann leichter durchstoßen kann, und liefert andererseits auch wichtige Nährstoffe, die die Jungpflanze – oft sehr, sehr weit von der Mutterpflanze entfernt – in den ersten Entwicklungsstadien benötigt. Ganz schön clever, die Natur …

Die großen Schiffe

Die Domestikation von Capsicum wird in den Zeitraum zwischen 5.200 und 3.400 vor Christus datiert und fand irgendwo in Süd- bzw. in Mittelamerika statt. Wir reden hier allerdings nicht von unseren äußerst milden Gemüsepaprikas, sondern von dem, was gemeinhin als „Chili“ bezeichnet wird – von ziemlich scharfen kleinen Dingern also.

Und als dann ab 1492 Kolumbus seine Reisen begann, fand er diese Schärfe auch deshalb interessant, weil er ja eigentlich nach Indien fahren wollte, um Venedigs Gewürz- und Pfeffer-Monopol zu brechen. Auch deshalb benannte er die scharfen Schoten (botanisch gesehen sind es allerdings keine Schoten, sondern per Definition Beeren, wussten Sie das?) nach dem indischen schwarzen Pfeffer Pimienta und brachte sie nach Europa (noch heute ist der Name für Paprika in Spanien „piementa“.

Der Rest ist fast schon Geschichte: Mit der Kolonialzeit gelangte Capsicum in so ziemlich alle gemäßigten und tropischen Klimazonen der Erde und alle fanden das neue Schärfungsmittel sensationell gut. Erst mit der Zeit wurde nach und nach das scharfe Capsaicin gezielt herausgezüchtet – interessanterweise haben wohl ausgerechnet die feurigen Ungarn damit angefangen –und mehr Wert auf Größe, Zartheit und auch Saftigkeit gelegt. Erst durch diese gezielte Zucht wurde aus dem Chili die Paprika, wie wir sie heute in unsere Salate schnippeln. Auch den Begriff „Paprika“ verdanken wir den Ungarn, die ihn sich, irgendwann im 19. Jahrhundert, aus dem Serbokroatischen ausgeliehen hatten: pàprika .

Nutzung von Paprika

Erst eher Gewürz …

Die bekannteste Form, in der Paprika als Gewürz genutzt wird, ist wohl das Paprikapulver, zu dessen Herstellung die Paprikafrüchte getrocknet und anschließend gemahlen werden. Je nach Sorte und Schärfe – und übrigens auch dem Anteil der Samen und Scheidewände – wird Paprikapulver in Kategorien eingeteilt. Ungarisches Paprikapulver wird (mit abnehmender Schärfe) wie folgt sortiert: Rosenpaprika – halbsüß – edelsüß – delikatess – extra. Daneben gibt es unter anderem die spanischen Paprikapulver dulce (vergleichbar mit edelsüß) und picante (kräftiger). Scharfes Paprikapulver wird oft als Cayennepfeffer bezeichnet, verweist aber eigentlich auf die verwendete Chilisorte Cayenne.

Neben dem Pulver wird aber natürlich auch eine Vielzahl von Würzsoßen und -pasten aus Paprika hergestellt; wohl die bekannteste ist die durch Fermentation von Chilis hergestellte Tabascosoße. Oft wird auch eine Grundlage aus Essig und Gemüse (meist Tomaten) oder Früchten (Sweet Chili) für Chilisoßen verwendet. Zu den bekanntesten Würzsoßen mit Paprika gehören Sambal Oelek (Indonesien), Ajvar (weite Teile Südosteuropas), Erős Pista (Ungarn), Adschika (Westkaukasus und Südrussland), Harissa (Nordafrika), Mojo (Kanarische Inseln), La Jiao Jiang (China), Mole und diverse Salsas (Mexiko).

… dann auch Gemüse

Roh, gefüllt, eingelegt, geschmort, gedünstet, gebraten, gedämpft, geröstet, gebacken, getrocknet, gegrillt – mit Paprika lässt sich in der Küche so ziemlich alles machen, was man sich vorstellen kann. Der feine und typische Geschmack leidet kaum durch die Zubereitung und kommt, ganz im Gegenteil, noch besser zur Geltung als bei dem rohen Fruchtfleisch.

Paprika enthält einen recht hohen Anteil an Vitamin C, ist also zusätzlich auch noch ziemlich gesund. Durchschnittlich 128 Milligramm pro 100 Gramm Frucht, um genau zu sein. So gelang es 1926 erstmals dem ungarischen (!) Chemiker Albert Szent-Györgyi, Vitamin C aus verschiedenen Pflanzen – darunter auch Paprika – in größerer Menge zu isolieren. 1937 erhielt er für seine Arbeiten den Nobelpreis für Medizin.

Große, weite Welt

Wie kaum ein anderes Lebensmittel (von Kartoffeln mal abgesehen) hat Paprika oder Chili die Ernährungsgewohnheiten weltweit derartig verändert, nachdem die Pflanze, ihre Früchte und deren Zubereitung durch die im Zeitalter der Entdeckungen einsetzende Globalisierung verbreitet wurden. Heutzutage ist Chili die mit am weitesten verbreitete Zutat, um Gerichte zu schärfen, wofür vorher in Europa und Asien eher Ingwer, Pfeffer, Rettich oder auch Senf verwendet wurden.

Mittlerweile hat sich um den Chili eine weltweite Fangemeinde gebildet, die sich gleichermaßen der Anzucht als auch dem Verzehr verschiedenster Sorten der Gattung Capsicum widmet. Grund hierfür ist, dass der Körper auf die Schärfe mit der Ausschüttung von Endorphinen reagiert, die ein Glücksgefühl hervorrufen. Viele versuchen daher mit immer höheren Dosierungen, dieses Glücksgefühl erneut zu erleben.

Aktuell werden weltweit so um die 35 Millionen Tonnen Chili und Paprika geerntet, wobei China mit einem Marktanteil von über 16 Millionen Tonnen ganz klar die Nase vorn hat. Nur zum Vergleich: Die Niederlande schaffen gerade mal um die 420.000 Tonnen …

Und wenn Sie das jetzt auch noch wissen möchten: Von den 25 Arten, in denen Capsicum natürlicherweise vorkommt, wurden nur fünf domestiziert, was nichts anderes bedeutet, als dass 35 Millionen Tonnen pro Jahr letzten Endes auf bloß fünf Varietäten beruhen. Ganz schön dankbar, diese Frucht.

Erfahren Sie mehr über unsere vielfältige Warenwelt

Kundennähe und kompetente, freundliche Beratung sind uns ein besonderes Anliegen.