Spätzünder
Menschheitsgeschichtlich hat es extrem lange gedauert, bis die beiden Hauptinseln entdeckt und erschlossen wurden – was einerseits nachvollziehbar ist, wenn man sich ansieht, in welch riesigem Ozean auf der anderen Seite der Erdkugel Neuseeland zu finden ist, andererseits sind sie aber auch kaum zu übersehen, wenn man sich erst einmal in ihre Nähe verirrt hat.
Es brauchte also einige Zeit, dann aber wurde Neuseeland innerhalb relativ kurzer Zeit quasi gleich zweimal besucht und besiedelt. Im 13. Jahrhundert vollbrachten die Polynesier dieses seemännische und navigatorische Kunststück und ließen sich nieder, und nur wenige Hundert Jahre später, Mitte des 17. Jahrhunderts, stolperte ein gewisser Abel Tasman über das Archipel. Der berühmte Seefahrer setzte allerdings seinen Fuß nicht auf neuseeländischen Boden, sondern segelte mehr oder weniger schnell wieder weiter und überließ alles Weitere allen anderen. Ein Jahr später kam der Holländer Hendrik Brouwer vorbei und verpasste den Inseln ihren heutigen Namen – er unternahm aber ansonsten ebenfalls nicht sonderlich viel, sodass es tatsächlich bis 1769 dauerte, als der legendäre James Cook die Inseln gründlich erforschte, kartografierte und erste Informationen über die einheimischen Maori zusammentrug.
Rule Britannia
Nach einigem Hin und Her verleibte sich erst 1840 das britische Empire Neuseeland offiziell ein, was von einem für diese Zeit bemerkenswerten Vertrag zwischen dem Empire und zahlreichen Repräsentanten der Maori begleitet und festgelegt wurde. Die Maori waren danach zwar in ihrer Souveränität eingeschränkt, erhielten dafür jedoch im Gegenzug immerhin so etwas Ähnliches wie Bürger- und Besitzrechte. Trotzdem kam es mal wieder, wie es kommen musste, denn als immer mehr Siedler aus England, Schottland, Irland und Wales auf den Inseln eintrafen, wurde der Platz knapp, was zum Krieg zwischen Maori und Kolonialisten führte – wobei die Maori zwei Drittel ihrer Bevölkerung verloren.
Schon seltsam
Neuseeland ist also ein relativ junges Land mit noch ein paar zusätzlichen Besonderheiten: Bereits beim Eintreffen der Polynesier fanden diese keinerlei Säugetiere vor, was dazu führte, dass sie vermehrt auf Meeresfrüchte, Knollengemüse, Beeren, Früchte, Insekten, Würmer und Geflügel auswichen, was so manchem flugunfähigen, essbaren Vogel endgültig den Garaus machte. Süßkartoffeln bauten sie recht gerne an, was sie aber mehr oder weniger sofort wieder bleiben ließen, als die normale Kartoffel auf die Inseln kam: Sie boten wesentlich bessere Erträge bei deutlich weniger Arbeitsaufwand.
Home sweet home
Mit den Angelsachsen kamen Rinder und vor allem Schafe nach Neuseeland – und mit ihnen nicht nur jede Menge Fleisch, sondern auch eine gehörige Anzahl typisch britischer Gerichte, die die neuseeländische Küche bis heute nachdrücklich mitprägen. Mit dem Einzug des Backofens ab Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die 1950er-Jahre bekam das Backen einen noch mal höheren Stellenwert, was sich vor allem auch bei den Desserts und dem typischen Sonntagsbraten bemerkbar machte. Moderne Zuwanderer kommen heute aus aller Welt, wobei viele Neu-Neuseeländer aus dem asiatischen Raum stammen und wiederum ihre Ideen, Rezepte, Geschmäcker und Zutaten mitbringen.
Hm
Dennoch kann man eigentlich kaum von DER typischen neuseeländischen Küche sprechen (auch die Maori ernähren sich keineswegs ausschließlich traditionell, die Nachkommen der Siedler lieben die originär britische Küche und die Asiaten schwören auf ihre Sachen), denn hierfür müsste ja eine größere Fusion der einzelnen Küchen und Rezepte geschehen sein (na ja, viele Sachen werden schon aus den verschiedenen Küchenrichtungen heraus gemeinsam zubereitet, wofür Hāngī ein gutes Beispiel ist).
Außerdem müsste ein Nationalgericht bestehen, das es so sonst nirgendwo gibt (wobei die Pavlova zwar als nationale Errungenschaft gilt, allerdings erstens ein Dessert ist und zweitens auch von Australien für sich beansprucht wird). Und sogar das für unsere Ohren exotisch klingende Whitebait, also ein Rezept, das auf winzigen und mehr oder weniger durchsichtigen Fischlarven bzw. -babys basiert, ist eine britische Erfindung. Bliebe vielleicht noch das Lembas-Brot, aber dessen Rezept kennen nur die Elben und Gollum hat es ja schon ziemlich gehasst …