Mozzarella

Basilikum, Tomate und Olivenöl ohne Mozzarella? Kaum vorstellbar! Pizza ohne ihn? Lieber nicht! Wir essen ihn gerne und oft, aber vor den echten, den hohen Qualitäten schrecken wir noch viel zu oft zurück? Warum eigentlich? Und was genau macht einen einfachen Mozzarella zu einer Delikatesse in absoluter Spitzenqualität? Ist es nur die Büffelmilch oder gibt’s da noch mehr?

In einem Land vor unserer Zeit

Auenlandschaft. Eine italienische Auenlandschaft, um genau zu sein. Und damit wir das Ganze auch zeitlich korrekt verorten, findet sich diese romanische Auenlandschaft so um das mittlere Pleistozän herum – also noch vor Beginn der letzten Eiszeit. Oder, um es in Zahlen auszudrücken, vor ca. 775.000 bis 125.000 Jahren.

So weit das Auge reicht, umgeben uns, friedlich grasend, kauend und rülpsend, die hier ansässigen Dino-Büffel, streng wissenschaftlich: Bubalus murrensis. Der Bubalus hat es gerne feucht und ein bisschen sumpfig, denn schließlich ist er nicht irgend so ein dahergelaufener Büffel. Er ist ein Wasserbüffel, ein Europäischer Wasserbüffel – und zwar der Erste seiner Art. Er teilt sich ein ganzes Zeitalter mit anderen wohlbekannten Größen der Interglazial-Fauna wie zum Beispiel dem Auerochsen, dem Eurasischen Altelefanten (was wohl mit dem Neuelefanten passiert sein mag?), dem Etruskischen Nashorn und dem Europäischen Nilpferd. Und wie sich das für einen guten Dino nun einmal gehört, ist Bubalus murrensis seit Langem ausgestorben – was natürlich im Übrigen auch für seine oben genannten voreiszeitlichen Zeitgenossen gilt, wobei der treue Auerochs am längsten durchgehalten hat.

Leider sind historische Funde unseres Bubalus extrem selten und deshalb können wir nur Vermutungen über die genauen Gründe seines Untergangs anstellen. Mit einiger Wahrscheinlichkeit war er nur sehr ungern den allmählich deutlich kühler werdenden Temperaturen ausgesetzt, und deswegen stellt man heute – ohne schlussendliche wissenschaftliche Gewähr – die Vermutung an, dass er schlichtweg erfroren bzw. verhungert ist. Auch irgendwie doof …

Die Milch macht’s

Mozzarella also. Und Bubalus. Unser Frostbeulen-Büffel ist insofern wichtig für den Edel-Mozzarella, als er der Vorfahr von Bubalus bubalis ist und der wiederum ist der domestizierte Wasserbüffel, aus dem schließlich die Rasse „Bufala mediterranea italiana“ hervorging. Und genau die macht den Mozzarella bzw. liefert die hierfür unbedingt erforderliche Milch. So einfach ist das.

Ist es natürlich nicht. Denn nicht nur streiten sich die Experten über die genaue Herkunft des Wasserbüffels in Italien, es gehört selbstredend auch ein bisschen mehr als nur der richtige Büffel zum richtigen, echten „Mozzarella di Latte di Bufala“. (Dieser herkömmliche – und einfache – Büffelmozzarella ist übrigens lediglich eine erste offizielle Bezeichnung und sagt nichts über Besonderheiten oder Herkunft aus, denn Mozzarella aus Büffelmilch wird in ganz Italien hergestellt.)

Dank seines hoch spezialisierten Verdauungssystems jedenfalls kann der Wasserbüffel auch aus schlechter Nahrung eine sehr reichhaltige Milch produzieren. Diese enthält aufgrund ihres hohen Anteils an Milchfeststoffen deutlich mehr Protein, Fett und Mineralstoffe als zum Beispiel Kuhmilch. Zur Herstellung von einem Kilogramm Büffelmilch-Käse werden so zum Beispiel nur fünf Kilo Büffelmilch benötigt (aber acht Kilogramm Kuhmilch für andere Käsesorten). Und um ein Kilo Butter zu machen, reichen zehn Kilo Büffelmilch im Vergleich zu 14 Kilo Kuhmilch.

Denominazione d’Origine Protetta

Nur Mozzarella aus designierten Regionen darf den Namen „Mozzarella di Bufala Campana DOP“ tragen und wird so zur eingetragenen und geschützten Edelmarke. Um die 200 Produzenten aus den Gegenden Rom im Latium, Paestum in Kampanien, Apulien, Venafro, Molise und Foggia produzieren jährlich ungefähr 33.000 Tonnen Mozzarella di Bufala Campana DOP und erwirtschaften so immerhin 300 Millionen Euro pro Jahr.

Die Auflagen sind streng und der Spielraum ist klein (was auch mit der Mozzarella-Krise 2007/2008 zu tun hat, wo wohl die Mafia ein paar ganz schlechte Ideen hatte). Zum Beispiel dürfen zwischen dem Melken und dem Beginn der Käseherstellung höchstens 60 Stunden vergehen. Das verwendete Lab muss von Kälbern desselben Hofes oder denen des nächsten Nachbarn stammen – was man sich erst mal vorstellen muss. Und es müssen natürlich Wasserbüffelkälber sein. Darüber hinaus muss die Verpackung im Herstellungsbetrieb erfolgen.

Es ist auch zulässig, Mozzarella zu räuchern. Allerdings darf dies ausschließlich nach traditionellen Methoden über Weizenstroh, Laub oder Holz geschehen. Ein geräucherter Mozzarella ist immer als solcher durch den Zusatz „affumicata“ gekennzeichnet – gut zu wissen ...

Besser schnell …

Daran, wie man den Mozzarella am besten genießt, scheiden sich natürlich die Geister, aber der Italiener sagt: sofort! Weil der echte Mozzarella di Bufala Campana aus unpasteurisierter Milch hergestellt wird, verfügt er nämlich nur über eine ziemlich begrenzte Haltbarkeit. Wichtig ist auf jeden Fall, dass er in seinem Salzbad verbleibt, bis er genossen werden kann. Der Purist würde außerdem darauf bestehen, dass er niemals über 20 Grad erhitzt wird – für Ihre Pizza nehmen Sie also doch lieber einen einfachen Koch-Mozzarella ...

Oder doch anders?

Auf die Gefahr hin, dass Ihnen jetzt langweilig wird, kommen wir zum Schluss doch noch mal kurz zurück zur Theorie, woher der italienische Wasserbüffel stammt: Der Vollständigkeit halber soll an dieser Stelle nämlich noch erwähnt sein, dass unsere obige Dino-Büffel-Theorie nur eine von mehreren Varianten ist. Dem „Consorzio per la Tutela del Formaggio Mozzarella di Bufala Campana“ zufolge (das heißt wirklich so – wie groß mag die Visitenkarte eines Mitglieds dieser vornehmen Gesellschaft wohl sein?) ist nämlich die wahrscheinlichste Annahme, dass die Wasserbüffel um das Jahr 1000 herum von den Normannen aus Sizilien nach Italien gebracht wurden (dorthin waren sie mit den Arabern gekommen). Andere sagen, es seien die Goten gewesen, und noch andere behaupten, sie wären von wiederkehrenden Kreuzrittern über den Mittleren Osten aus Mesopotamien nach Europa gelangt.

Na ja. Zumindest nehmen die Italiener die Sache mit ihrem Mozzarella wirklich ungeheuer ernst.

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