Fernweh für alle
Denken wir mal kurz an die großen Entdeckungsreisenden: Magellan, Columbus, Cook und dann natürlich den geradezu legendären Marco Polo. Alles schön und gut, aber das können doch bei Weitem nicht alle Europäer gewesen sein, die sich zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert aufmachten, die große, weite Welt zu bereisen. Sicher ist, dass auch andere Kosmopoliten oft mindestens genauso weit herumgekommen waren – ihr Problem war aber wahrscheinlich, dass sie nicht mit den ganz großen, sensationellen und brandneuen Entdeckungen im Gepäck wieder nach Hause kamen.
Er hier zum Beispiel
Lodovico di Varthema alias Ludovicos de Varthema alias Ludwig Vartomann alias Barteme Ludovico alias Vartomanus war wohl so jemand. Denn obwohl er nach Abschluss seiner Reisen ein sehr populäres Buch verfasste, das in viele Sprachen übersetzt wurde (als deutsche Ausgabe erschien es zum Beispiel 1515), ist er heute weitgehend in Vergessenheit geraten, eben weil er nichts wirklich ganz Neues erkundete, sondern nur die fehler- oder lückenhaften Beschreibungen seiner reisenden Vorfahren korrigierte und ergänzte. Allerdings war auch das natürlich eine ganz schöne und längst überfällige Leistung, wenn man sich ansieht, was die Herren Kollegen sich da vorher teilweise so zusammengedichtet hatten …
Ein bisschen italienisch klingt sein Name ja schon und als Autor des Werkes „Itinerario“ von 1510 wird ein gewisser „Ludovico de Varthema Bolognese“ angegeben, was Italien noch ein bisschen stärker nach vorne bringt. Allerdings sind hier durchaus Zweifel angebracht, denn wirklich italienisch erscheint der Name „Varthema“ natürlich nicht – vielmehr schwingen deutliche Anklänge auf die deutsche Stadt Wertheim mit, was im Grunde aber auch egal ist, weil er vor seiner großen Walz tatsächlich länger in Bologna lebte und schließlich 1517 in Rom starb.
Kreuz und quer und wieder zurück
Auf jeden Fall war er militärisch gut ausgebildet, verfügte über ein ausgeprägtes Sprachtalent, wusste sich in gesellschaftlichen Kreisen zu bewegen und hatte wohl auch ein gutes Gespür für Politik und taktisches Denken. Wie so viele andere zog es auch ihn nach Osten, sodass er zunächst Ägypten besuchte, von dort über Kairo nach Damaskus kam und dann nach Mekka und Medina reiste. Und weil er unterwegs sehr stark auf die Routen und Strecken von Karawanen angewiesen war, schlug er in Medina einen ziemlichen Haken nach Süden, wo er das Rote Meer überquerte und über Aden dann auf verschlungenen Pfaden irgendwann 1505 die Malabar-Küste erreichte, die auch als „Pfefferküste“ bekannt ist und die im Südwesten Indiens liegt.
So weit, so gut, nur fand er sich plötzlich inmitten der Vorbereitungen einer militärischen Auseinandersetzung zwischen dem Sultan von Calicut (das man nicht mit Kalkutta verwechseln sollte) und den Portugiesen wieder, was ihn vor gewisse Probleme stellte. Einerseits war er als Forschungsreisender, der auch die Gastfreundschaft des Sultans in Anspruch nahm, sehr an größtmöglicher Neutralität interessiert, andererseits empfand er die Portugiesen irgendwie auch als Landsleute (und vor allem wohl auch als hervorragende Gelegenheit, auf einem ihrer Schiffe locker und unbeschwert in die alte Welt zurückkehren zu können). Schließlich hatte er sich entschieden, reiste ein paar Dutzend Kilometer nach Norden, wo eine kleine portugiesische Flotte vor Anker lag, und wies die überraschten Seefahrer auf einen bevorstehenden Angriff hin. Die Seeschlacht gewannen die Portugiesen dann schließlich und brachten Varthema nicht nur nach Hause zurück, sondern erhoben ihn auch in den Adelsstand, was ihm in seinem weiteren Leben durchaus zum Vorteil gereichte.
1501 war er in Venedig gestartet und im Frühjahr 1508 ging er dann endlich in Lissabon wieder von Bord. Puh …
Göttlich, heilig, überall
Jetzt fragen Sie sich wahrscheinlich schon seit geraumer Zeit, warum wir Ihnen das alles erzählen, wo es in diesem Text doch eigentlich um Mangos gehen soll. Also los: Mangos stammen zwar ursprünglich nicht direkt aus der Region um die Malabar-Küste, sondern aus Assam (das ziemlich genau 2.500 Kilometer Luftlinie entfernt nordöstlich hiervon liegt), waren in Indien aber schon seit Hunderten, wenn nicht Tausenden von Jahren extrem beliebt. Sie galten nicht nur als absolute Delikatesse, sondern auch als heilig (im Buddhismus) und wahlweise auch als göttlich (im Hinduismus gilt die Mango-Frucht als „Götterspeise“).
Mango für Anfänger
Die Bäume können mit ihren bis zu 30 Metern sehr hoch wachsen und erreichen locker ein Alter von 300 Jahren und mehr. Die ovalen und ganz leicht gebogenen Früchte können, wenn man sie denn lässt, je nach Sorte ein Gewicht von bis zu zwei Kilogramm erreichen und ihr Fruchtfleisch ist besonders süß, aromatisch und saftig.
Unter der Schale, die je nach Mango-Sorte grün, rot, gelb oder auch in mehreren Farben marmoriert sein kann (und die nichts über den Reifegrad aussagt), verbirgt sich süßes Fruchtfleisch in einem gelblichen bis orangefarbenen Ton. Dieses umhüllt einen holzigen Kern, in dem sich der Mango-Samen verbirgt. Je nach Reifegrad kann der Geschmack der Steinfrucht variieren: Ist die Mango noch nicht vollständig ausgereift, schmeckt sie ein bisschen nach Apfel; ihre charakteristische Note, die eher mit einem Pfirsich oder einer Honigmelone vergleichbar ist, entwickelt sie erst nach und nach.
Der Reifegrad lässt sich an der Schale allein nicht wirklich ermessen, dazu sind die Sorten zu unterschiedlich. Viel besser ist es, wenn man darauf achtet, ob die Frucht einen angenehmen Duft verströmt und ob die Schale bei leichtem Druck etwas nachgibt. Last, but not least erkennt man die essreifen Früchte vor allem daran, dass ihre Haut kleine schwarze Punkte aufweist.
Sehr oft sind Mangos beim Transport noch unreif, sodass es gut sein kann, dass sie noch nicht optimal verzehrbereit in die Auslagen kommen. Sollten sie zu Hause noch ein bisschen nachreifen müssen, dann geht das besonders gut und schnell, wenn man sie neben Äpfel legt.
Die wichtigsten Mango-Sorten
Mango für Fortgeschrittene
Mangos weisen in etwa den Vitamin-C-Gehalt von Orangen auf, was sie per se schon ziemlich gesund macht. Darüber hinaus sind sie ein guter Träger von Mineralstoffen und besonders durch ihre reichlich vorhandenen Ballaststoffe und ihren vergleichsweise geringen Säuregehalt recht gut verträglich.
Das Schälen ist bei Mangos immer ein bisschen so eine Sache, aber drei ganz gute und erprobte Methoden gibt es schon:
Erstens lassen sich die Früchte mit einem Sparschäler von der Schale trennen, vor allem dann, wenn sie noch nicht komplett durchgereift sind. Also erst einmal schälen, dann Spalten um den Stein herum herausschneiden und so gut wie möglich den Kern von Fruchtfleisch lösen.
Zweitens kann man sehr reife Früchte ungeschält am Kern entlang in mehrere Teile zerlegen und das Fruchtfleisch zum Beispiel mit einem Glas herausschaben. Das am Kern verbliebene Fleisch kann man dann nach Belieben zusätzlich mit einem Messer abschneiden.
Drittens können Sie – vor allem dann, wenn die Frucht reif ist und Sie gerne schöne Stücke hätten – die Frucht rechts und links der Mitte (und des Steins) an der schmalen Seite mit einem scharfen Messer herunterscheiden. In die so entstandenen Scheiben ritzt man mit einem scharfen Messer ein Karomuster in das Fruchtfleisch. Nun klappt man die Schale nach innen ein und stülpt sie damit um, sodass sich durch die Ritzungen gleichmäßig große Mango-Würfel ergeben, die wie Stachel eines Igels herausstehen. Diese kann man direkt aus der Schaleninnenseite essen oder bequem mit einem Messer oder einem Löffel von der Fruchtwand lösen.
Noch mal auf Anfang
Sie verstehen die Welt nicht mehr und fragen sich immer noch, warum wir uns am Anfang dieses Textes so ausgiebig mit unserem Reiseschriftsteller (eine andere schöne Bezeichnung wäre ja eigentlich auch „Fahrtenschreiber“, finden Sie nicht?) Ludovico de Varthema Bolognese beschäftigt haben?
Ganz einfach: Das Wort „Mango“ ist dravidischen Ursprungs (vgl. Tamil māṅkāy, Malayalam māṅṅa, „unreife Mango“) und stammt somit von genau derjenigen südwestlichen Küstenregion Indiens (also aus Malabar bzw. von der Pfefferküste), die unser „Fahrtenschreiber“ dereinst bereiste. Nach Europa gelangte die Frucht mit den portugiesischen Indienfahrern des 16. Jahrhunderts. Und die erste detailliertere Erwähnung in einer europäischen Sprache überhaupt datiert auf das Jahr 1510 und findet sich (in der Form „manga“) im Reisebericht „Itinerario“ eines gewissen Ludovico de Varthema Bolognese. Inteso? Vufham? Samajha? Entendido? Alles klar?