Liköre

Laut EU-Definition gelten sämtliche Spirituosen mit einem Mindestalkoholgehalt von 15 Volumenprozent als Liköre, wenn sie gleichzeitig mindestens 100 Gramm Zucker auf einen Liter des Endprodukts aufweisen – ohne viel Alkohol und sehr viel Zucker keine Liköre. Im Grunde gibt es zwei bis höchstens drei Wege, wie die entsprechenden und typischen Aromen in den Likör kommen. Die günstigste Herstellungsweise von Likör mischt natürliche oder naturidentische Aromakonzentrate mit Alkohol und Zucker. Etwas aufwendiger ist die Herstellung von Likör, wenn man ihn mazeriert, also wenn man natürliche Aromaträger wie Obst, Kräuter oder auch Nüsse mit hochprozentigem Alkohol und Zucker ansetzt und dann einige Tage bis Wochen wartet. Bei der Perkolation von Likör wird der Alkohol durch sein Eigengewicht durch ein Sieb gedrückt, in dem sich die zerkleinerten natürlichen Aromaträger befinden. Die alkohollöslichen Bestandteile werden ausgelöst und gehen in die Flüssigkeit über. Als Zucker noch sehr teuer war, galt Likör als außerordentlich seltenes Luxusgut. Und damit man ihn überhaupt herstellen konnte, musste erst einmal die Destillation erfunden werden. Liköre – egal ob eher niedrig- oder hochprozentig – benötigen bei der Herstellung auf jeden Fall hochprozentigen Alkohol. 

Likör ist beliebt

Jägermeister, Eierlikör, Sahnelikör: Heute gefallen uns die süßlich-scharfen Likörchen zwar und wir trinken sie mit einigem Genuss, aber besonders viel Aufmerksamkeit lassen wir ihnen trotzdem nicht zukommen. Und so gesehen ist es kaum vorstellbar, dass das einmal ganz, ganz anders war, dass Liköre nur den Allerreichsten und Wenigsten vorbehalten waren und dass sie durchaus für einigen Wirbel sorgen konnten.

Ohne Destillation kein Likör

Biere und später auch Weine wurden zunächst einmal mithilfe von Wildhefen erzeugt. Die Ethanolgehalte solcher Getränke waren allerdings viel geringer als heute, weil die Wildhefen ab einer bestimmten Ethanolkonzentration die Umwandlung von Zucker in Ethanol einstellen, was ein bisschen schade war. Zwar tolerierten die durch jahrhundertelange Züchtung entstandenen Kulturhefen irgendwann auch höhere Ethanolgehalte, aber das war immer noch weit entfernt von dem, was wir heute hochprozentig nennen würden. 

Um Ethanol konzentriert zu gewinnen, muss die bereits alkoholhaltige Maische destilliert, also gebrannt werden, wodurch der Alkohol von den anderen Bestandteilen der Maische – allem voran vom Wasser – getrennt wird. Je nach Ausgangsmaterial gelangen bei diesem Vorgang auch Aromen, weitere organische Bestandteile und Fuselöl in den Brand, was, wenn richtig gemacht und dosiert, zu sehr wohlduftenden und -schmeckenden Destillaten führen kann: Whisky, Brandy, Rum, Korn, Obstbrand usw.

Will man dagegen nur den Alkohol haben, genügt es völlig, zuerst ein bisschen Zuckerwasser zu vergären und dann diese Zuckermaische zu destillieren.

Bei der Destillation macht man sich das natürliche Phänomen zunutze, dass Alkohol einen geringeren Siedepunkt hat als Wasser. Während Wasser also noch schön flüssig ist, wandelt sich der Alkohol bereits in Gas um, steigt nach oben auf und muss dann nur noch wieder eingefangen werden, indem man ihn an einer kühlen Oberfläche kondensieren lässt. Einfach, man muss eben nur drauf kommen.

Ohne Zucker kein Likör

Das besondere Kennzeichen von Likören ist bis heute ihr recht hoher Anteil an Zucker (der dem Gemisch nach dem Brand zugesetzt wird) und auch an Alkohol, der bei 15 bis 35 Volumenprozent, in Ausnahmefällen sogar bis 60 Volumenprozent liegt.

Zucker war zur Zeit unserer Königin von Frankreich allerdings unverschämt teuer, und sich einen ordentlichen Schnaps zu brennen war eine ganz schön kniffelige und auch nicht ganz ungefährliche Angelegenheit. Wenn das Ergebnis dann nicht nur süß war und schön in die Birne ging, sondern darüber hinaus auch noch fruchtige Aromen von Obst, Trauben, Nüssen oder Kräutern mit sich brachte, saß man ganz bestimmt vor einem Gläschen höchst hochwertiger Herrlichkeit – und durfte sich einiges darauf einbilden.

Als später dann mit der Kolonialisierung (um das mal so zu nennen) Zucker leichter verfügbar und wenigstens etwas günstiger zu haben war, stieg auch die Anzahl derer, die Liköre machen konnten und wollten, und spätestens mit der Einführung des spottbilligen Industriezuckers waren Liköre praktisch in aller Munde. Wo es Zucker gab, gab es auch Liköre – die eine Herkunft oder das eine typische Rezept kann man den Likören heute nicht mehr zuschreiben. Alle mochten das Zeug.

Likör als Luxusgut

Der Besitz und der Genuss von Likören galt früher als ein enormes Statussymbol. Zucker war fast unerschwinglich teuer und Zucker braucht man bekanntlich jede Menge, wenn man Likör trinken will. Ganz besonders erschwerend kam noch hinzu, dass es lange Zeit nur sehr wenige Experten gab, die in der Lage waren, aus Wein den unverzichtbaren Weingeist zu destillieren. Und ohne Ethanol, also Trinkalkohol, gibt es nun einmal auch keinen Likör.
 

Was ist Likör genau?

In der EU hergestellter Likör muss einen Mindestgehalt (!) von 100 Gramm (Invert-)Zucker pro Liter Fertigspirituose aufweisen. Jede Spirituose (mit einem Alkoholgehalt von 15 Volumenprozent oder mehr), die mindestens diesen Zuckergehalt hat, ist nach dieser Definition ein Likör. 

Crèmes sind besonders süße Liköre mit einem Zuckergehalt von mindestens 250 Gramm pro Liter, bei Crème de Cassis sind mindestens 400 Gramm pro Liter vorgeschrieben. Crèmes werden hauptsächlich zur Zubereitung von Cocktails verwendet.

Der kleine, feine Unterschied

Typischerweise wird einem Basislikör für einen „Crème-Likör“ so lange Zucker beigefügt, bis er besonders sämig wird und eine fast schon sirupartige Konsistenz aufweist. Diese Produkte werden praktisch nie unverdünnt getrunken. Der „Cream-Likör“ dagegen enthält zumeist Sahne, die dafür sorgt, dass er mild, voller Wonne und vor allem nicht zu schnell durch die Kehle rinnt und dabei jede Menge wunderbaren Geschmack hinterlässt. Beim Eierlikör übernimmt Eigelb diese Aufgabe. Achten Sie also darauf, ob „Cream“, „Crema“, „Sahne“, „Eier“ oder eben „Crème“ auf dem jeweiligen Etikett steht, um böse Überraschungen zu vermeiden.

Woran man guten Likör erkennt

Sagen wir mal so: Liköre im unteren Preissegment (Wodka-Feige, Fernet, Jagdbitter) werden überwiegend synthetisch hergestellt. Natürliche oder naturidentische Aromakonzentrate in Verbindung mit Alkohol, Zucker und Wasser bilden ihre Basis – was vollkommen legitim und vom Gesetzgeber abgesegnet ist. Wie, als was und mit welchen Themen die Hersteller ihre Produkte dann vermarkten, steht auf einem anderen Blatt. 

Das obere Preissegment bilden Liköre, die in Handarbeit unter teils großem Zeit- und Arbeitsaufwand durch direkte Mazeration („Ansetzen“) oder Perkolation hergestellt werden: Die zerkleinerten natürlichen Aromaträger (Kräuter, Früchte, Nüsse) werden dabei zwischen Siebe platziert, darauf wird 30- bis 60-prozentiger Alkohol gegeben. Der Sprit diffundiert und reichert sich innerhalb einiger Tage mit den alkohollöslichen Gehaltsstoffen der Aromen- und Geschmacksgeber an. 

Bestimmte Liköre mit überregionaler Bedeutung sind in ihrer Zusammensetzung und/oder durch ihre geografische Herkunft geschützt.

Welche Liköre sind besonders beliebt?

Deutlich mehr als 100 Millionen Liter Likör werden alleine in Deutschland jedes Jahr getrunken – mit riesigem Abstand führen dabei die sogenannten Halb- und Kräuterbitter wie Jägermeister, Ramazzotti oder Fernet-Branca die Liste an. Den zweiten Platz belegen die Eierliköre (Verpoorten, Advocaat) und knapp dahinter kommen die Sahneliköre (Baileys, Amarula, Dooley’s). Frucht- und Obstliköre wie Cointreau, Eckes Edelkirsch oder Bols werden deutlich weniger oft genossen. 

Recht populär ist es auch, Likör selbst anzusetzen. Besonders im Winter werden gerne Zimt, Vanille und Orangen mazeriert, im Sommer setzt man oft frische Beeren oder anderes Obst an und wenn die Jahreszeit es hergibt, sind auch selbst gemachte Kräuterliköre beliebt.

Zu guter Letzt

Für den Fall, dass Sie beim Lesen dieses Textes Ihre Liebe zu besonders langen und erhabenen Namen entdeckt haben sollten – Stichwort: Königin Caterina Maria Romula de’ Medici oder unser persischer Freund Abū Bakr Muḥammad bin Zakaryā ar-Rāzī – dann gefällt Ihnen vielleicht ja auch der Produktname dieses Kräuterlikörs: Stichpimpulibockforcelorum.

Sehr zum Wohl!

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