Das war bitter
Das war jetzt ganz schön doof: Einerseits wuchsen die relativ anspruchslosen Früchte in Hülle und Fülle auf dem besonders wasserreichen Boden und brauchten zur Ernte im Grunde nur irgendwann aufgehoben zu werden, andererseits schmeckten sowohl ihr Fleisch als auch die Samenkerne viel zu bitter, als dass man sie irgendwie hätte genießen können. Wiederum andererseits wussten die frühen Landwirte, dass der Kürbis randvoll mit Energie und Proteinen ist. Was sollte man da wohl am besten machen?
Eine sehr gute Idee war es, den Wuchs und die Vermehrung der Früchte zu kontrollieren und immer diejenigen mit denjenigen zu kreuzen, die nicht ganz so bitter waren wie der Rest der Ernte. Irgendwann waren die Kürbisse und vor allem ihre Samen gut essbar – und die von den bitteren Cucurbitacinen herrührenden gesundheitlichen Beschwerden gingen auch deutlich zurück.
Sie hatten es also hingekriegt und ganz nebenbei eine der ältesten vom Menschen domestizierten Kulturpflanzen überhaupt geschaffen: Kein heute gezogener essbarer Kürbis ist in irgendeiner Weise noch so wie ursprünglich von der Natur vorgesehen, sie alle sind Züchtungen und Kreuzungen.
Verdammt lang her
Und wenn Sie jetzt noch immer nicht hinlänglich beeindruckt sein sollten, dann geben wir Ihnen gerne mit auf den Weg, dass diese ersten Kreuzungen und Züchtungen so ungefähr vor 10.000 Jahren im Tiefland von Bolivien stattgefunden haben, das heute unter dem Namen „Moxos“ bekannt ist. Oder noch früher in der Gegend um Texas, da ist man sich nicht so ganz einig. Wahrscheinlich – oder zumindest vielleicht – geht der heutige Name des berühmten „Moschus“-Kürbisses auf die Wurzel „Moxos“ zurück.
Kürbisse also. Im Unterschied zum Flaschenkürbis, der seine Heimat wohl in Afrika hat und auch nicht wirklich essbar ist, stammen die drei auch heute noch wichtigsten Sorten allesamt vom amerikanischen Kontinent, und zwar in folgender Reihenfolge sozusagen von oben nach unten, also von Nord nach Süd: Der Gartenkürbis kommt ursprünglich aus Mexiko und dem Süden Nordamerikas, der Moschuskürbis aus Lateinamerika (siehe oben) und der berühmte Riesenkürbis schließlich stammt aus Südamerika.
Die fantastischen Drei
Unser Gartenkürbis, dessen Vorfahren ja texanisch-mexikanisch waren, ist wohl am ehesten das, was wir hier landläufig als „den“ Kürbis kennen und bezeichnen. Aus ihm gewinnen wir das Fleisch für Kürbissuppe und andere delikate Speisen, Kürbiskerne und natürlich auch das Kürbiskernöl. So gesehen ist er ein Feld-Wald-und-Wiesen-Gewächs, das uns so ziemlich an jeder kulinarischen Ecke begegnet. Was viele dagegen nicht wissen, ist, dass unsere liebe Zucchini nichts anderes ist als eine Unterart des Gartenkürbisses und dass das nur deshalb nicht wirklich auffällt, weil wir Zucchini noch im unreifen Zustand ernten und verarbeiten. Lässt man sie bis zur Vollreife wachsen, dann können Zucchini ganz beachtliche Früchte von 5 bis zu 30 Kilogramm auf die Waage bringen und eine schier undurchdringliche Schale entwickeln.
Der Moschuskürbis ist hierzulande erst einmal nicht ganz so populär wie der Garten- oder der Riesenkürbis, andererseits ändert sich dieser Eindruck ganz schnell, wenn man weiß, dass der überaus beliebte, feinsüße und meist recht hübsch geformte Butternutkürbis zur Gruppe der Moschuskürbisse gehört. Man kann den Moschus ganz gut von anderen Sorten unterscheiden, wenn man sich den Stielansatz ansieht: Der ist nämlich hart und erweitert sich zur Frucht hin sehr deutlich, was bei seinen Kollegen nicht der Fall ist.
Wir haben uns bei der Vorbereitung auf diesen Text fest vorgenommen, nichts über den größten, schwersten oder dicksten Kürbis der Welt zu schreiben – das können Sie gerne selber googeln und außerdem ändern sich diese Zahlen ohnehin von Jahr zu Jahr. Halten wir einfach fest, dass Riesenkürbisse ihren Namen völlig zu Recht tragen und wirklich extrem beeindruckende Ausmaße annehmen können. Was uns an dieser Stelle aber viel mehr interessiert, ist die Möglichkeit, ein Missverständnis aufzuklären bzw. Ihnen eine recht brauchbare Einkaufshilfe mit auf den Weg zu geben: Der hochgelobte und aus der asiatischen Küche kaum wegzudenkende Hokkaidokürbis ist nämlich eigentlich eine sehr unreife Variante oder Unterart des Riesenkürbis, das heißt, er wird sozusagen noch im Babyalter geerntet und ist entsprechend zart und saftig. Er ist sogar dermaßen zart, dass seine Schale nach dem Kochen durchaus mitgegessen werden kann, was die Küchenarbeit verkürzt und den Genuss noch mal erhöht.
Und sonst so?
Der Kürbis ist schon ein echter Universalist, denn schließlich kann man sein Fleisch vielfältig in der Küche verwenden, die Kerne sind überaus genießbar und nicht zuletzt lässt sich aus den Samen auch noch das wirklich edle und feine Kürbiskernöl gewinnen. Kein Wunder, dass er spätestens mit Kolumbus (der dem Kürbis in Kuba begegnete und ihn sofort ins Herz schloss) seinen Siegeszug um mehr oder weniger die gesamte Welt antrat und mit Begeisterung überall da angebaut wurde, wo der Boden feucht genug war und die Temperaturen möglichst nicht unter 10 Grad Celsius sanken: Als typische Tropenpflanze versteht ein Kürbis nämlich so ziemlich jeden Spaß, aber bei „Kälte“ von unter 10 Grad erfriert er tatsächlich …