Kala Namak

In der veganen Küche lassen sich sehr viele Texturen, Geschmacksnoten und Aromen durch rein pflanzliche Produkte ersetzen, ohne dass hierdurch der Genuss irgendwie zu kurz kommt. Schwierig wird es dagegen bei Eierspeisen: Es ist fast unmöglich, diesen typischen Ei-Geschmack nachzubauen. Es sei denn, man kennt den ultimativen Trick und greift zu Kala Namak, dem unverwechselbaren Gewürzsalz aus Asien.

So oder so?

Mal angenommen, Sie wären jemand, der sich vegan ernährt und sich gleichzeitig ein bisschen für Geologie interessiert. Oder andersrum. Oder nur das eine oder das andere. Oder auch beides nicht. Womit sollten wir Ihrer Meinung nach anfangen, wenn wir über Kala Namak, das Schwarzsalz, reden wollen? Mit dem Steinsalz an sich oder mit der Verwendung dieses sehr speziellen Gewürzes in der Küche?

Schwierige Entscheidung. Na gut, werfen wir eine Münze und beginnen wir – mit der Geologie.

Immer schön der Reihe nach

Im Grunde ist alles, was wir hier an Zutaten brauchen, ein flaches Meer, das sich gut von den Ozeanen abriegeln lässt, möglichst wenig Süßwasserzufluss, ein bisschen Sonnenschein und ein paar Hundert Millionen Jahre Zeit.

Dass Salz in vergleichsweise rauen Mengen in Meerwasser enthalten ist, ist klar. Es tummeln sich aber noch jede Menge andere gelöste Mineralien im Wasser – von den unzähligen Lebewesen natürlich ganz abgesehen. Verliert unser flaches Meer durch irgendein geologisches Ereignis seine Verbindung zu den Ozeanen, findet kein Austausch von Wasser mehr statt und wenn die Zulaufmengen an Süßwasser geringer sind als die Verdunstungsgeschwindigkeit des Wassers, dann passiert, was man aktuell ganz gut am Toten Meer sehen kann: Es dunstet aus, während der Mineralgehalt im Wasser stärker und stärker ansteigt.

Irgendwann ist jede Lösung einmal gesättigt, die im Wasser gelösten Minerale fällen aus (schließen sich also zu festeren Einheiten zusammen) und sinken zu Boden. Als Erstes ist bei diesem Prozess immer das Calciumcarbonat (und nicht das Salz) an der Reihe, das sich als Kalk absetzt. Dann folgt traditionell das Calciumsulfat (und immer noch nicht das Salz), das sich als Gipsschicht niederlässt. Erst jetzt – und wenn weiterhin zuverlässig verdunstet wird – ist das Salz dran und bildet so gesehen das Schlusslicht in dieser Kette. Über die nun trockene und salzige Oberfläche bläst der Wind mit der Zeit Tonmineralien, also Staub, der sich nach und nach ablagert und eine wasserundurchlässige Tonschicht bildet. Fertig.

Diese fein säuberliche Schichtung und Trennung bleibt ab diesem Moment recht zuverlässig erhalten, selbst für den Fall, dass sich die Verbindung zum offenen Meer wieder öffnen sollte und erneut Wasser in die entstandene Senke einfließen kann: Weil die Tonschicht obendrauf kein Wasser nach unten durchlässt, kann auch keine Durchmischung der einzelnen Schichten mehr erfolgen. Geologisch ist es nicht gerade selten, dass sich dieser Vorgang mehrmals wiederholt, immerhin reden wir hier über 150 bis 250 Millionen Jahre, in denen sich wirklich eine Menge abspielen kann.

Hochdruckgebiet

Ach so, eine Zutat brauchen wir doch noch, und das ist die Tatsache, dass unser trockengefallenes Meer über eine sehr lange Periode, die nach seiner Austrocknung zu beginnen hat, wieder zuverlässig mit dem offenen Ozean verbunden ist. Erst jetzt können sich die berühmten Sedimentschichten bilden, die nicht aus ausgelöstem Mineral, sondern aus kleinen und kleinsten organischen und anorganischen Partikeln bestehen. Wenn die erst mal an der Reihe sind und keine Austrocknung dazwischenkommt, dann können sie sich unter Umständen kilometerstark anlagern sowie – und das ist für uns jetzt wichtig – enorm schwer werden. Erst der hierdurch entstehende immense Druck komprimiert die Salzschicht derart, dass sich das Mineral zu einer steinharten und kaum zu durchdringenden Schicht formt. Das Steinsalz ist fertig.

Als Speisesalz besteht unser Steinsalz fortan zu fast 99 % aus Natrium und Chlorid (fast 60 % Chlorid und knapp 39 % Natrium, wenn Sie es genau wissen wollen) und warum im Namen das geringer vorhandene Mineral zuerst genannt wird, wissen wir ehrlich gesagt auch nicht.

Geschmackssache

Nun mag es auf der Erde sicher Gegenden geben, wo sich zu den beschriebenen Prozessen auch noch ein bisschen Vulkanismus gesellt, was dazu führen kann, dass sich bestimmte schwefelige Elemente mit dem bereits frisch gepressten Salz verbinden. Das ist aber wohl eher selten der Fall.

Dennoch fanden manche Leute im westlicheren Teil Asiens, namentlich Pakistan und Indien, die Idee ganz schön, mit der klassischen Würze ihres Steinsalzes auch gleich ein paar schwefelige Aromen zu verbinden. Deswegen dachten sie scharf nach, experimentierten ziemlich lange herum und kamen dann darauf, dass man Steinsalz bloß mit Holzkohle (was die spätere violettschwarze Farbe erklärt), ein paar Kräutern und Samen unter Luftabschluss bei 900 Grad Celsius und mehr verflüssigen und dann wieder erkalten lassen musste. So wurden die zunächst im Salz enthaltenen Sulfate in geruchs- und geschmacksgebende Sulfide umgebaut und um das Aroma bereichert, das wir als „faule Eier“ kennen. Na ja, Geschmackssache.

Auf jeden Fall waren sie ganz begeistert von ihrer Erfindung; dennoch war schnell klar, dass das hieraus resultierende Salz nur in äußerst zurückhaltender Dosierung so richtig gut schmeckte. Deswegen wurde das Kala Namak zunächst einmal eher in den berühmten trockenen indischen Gewürzmischungen (Masalas), den nicht minder berühmten Chutneys und dann noch bei verschiedenen Raitas verwendet. Als reines Salzungsmittel wurde und wird es so gut wie gar nicht eingesetzt, es ist eher als Gewürz zu verstehen.

Und nur, damit hier keine Missverständnisse aufkommen: Die indische Küche liebt ihr Kala Namak, weswegen das Salz oft als „indisch“ vermarktet wird. Für seine Ursprünge und auch seine maßgebliche Herstellung ist allerdings Pakistan zu nennen.

In der Küche

Kala Namak kann wegen seines feinen Salzgeschmacks mit der leichten Schwefelnote sowohl in süßen als auch in herzhaften Gerichten verwendet werden.

Es ist auch in der veganen Küche sehr beliebt, denn mit dem Gewürz lassen sich vegane Gerichte zubereiten, die fast an originale Eierspeisen erinnern, zum Beispiel Eiersalat, Rührei, Shakshuka oder Omelett.

Aber Vorsicht: Lieber erst mal ein bisschen zurückhaltender dosieren, ein bisschen zu viel kann schon viel zu viel sein.

Eine Zeit lang galt Kala Namak übrigens im Westen als ungesund, da es eine vergleichsweise hohe Konzentration an Schwefelwasserstoff enthält – das gilt mittlerweile als widerlegt. Vielmehr ist es wegen seines recht hohen Eisengehalts und der vielen enthaltenen Mineralstoffe als eher gesund anzusehen. Kala Namak, das auch als „Ayurveda-Schwarzsalz“ bezeichnet wird, findet schon lange Verwendung in der ayurvedischen Küche, um Sodbrennen zu mildern, die Verdauung anzuregen und einen erhöhten Blutdruck zu senken. Den traditionell enthaltenen Harad-Samen wird ein weiterer positiver Effekt zugeschrieben: Sie sollen aphrodisierend wirken. Kann man ja mal ausprobieren …

Gut zu wissen: Kala Namak

Beim traditionellen Herstellungsverfahren wird Steinsalz mit Holzkohle, Gewürzen, Kräutern und den Samen der Harad-Pflanze (Myrobalanenbaum, Terminalia chebula) vermischt und erhitzt, für den kommerziellen Vertrieb von größeren Mengen ist dieses Verfahren allerdings mittlerweile nicht mehr üblich. Es gibt vor allem noch zwei geläufige Methoden, Kala Namak herzustellen:

Kala Namak mit Harad-Samen: Steinsalz wird nur noch mit Harad-Samen und Holzkohle verkocht.

Synthetisches Schwarzsalz: Natriumchlorid (einfaches Mineralsalz) wird mit Natriumsulfat, Natriumhydrogensulfat und Eisensulfat vermischt und mit Holzkohle reduziert (also zu Sulfiden umgebaut). Pflanzliche Zutaten werden nicht verwendet.

Sowohl geschmacklich als auch optisch ähneln sich beide Versionen stark, das „echte“ schwarze Salz (das allerdings noch nicht wirklich „echt“ ist) gilt allerdings als höherwertig und ist meistens etwas teurer.

Hersteller müssen weder die genaue Herkunft noch die Herstellungsmethoden angeben, weswegen beim Kauf nicht immer ersichtlich ist, um welches Schwarzsalz es sich handelt. Vor allem in Reformhäusern, Bioläden und gut sortierten Märkten scheint das „natürliche“ Kala Namak mit Harad-Samen aber die üblichere Variante zu sein.

Übrigens: Es gibt auch andere Salze, die als schwarzes Salz bezeichnet werden – zum Beispiel schwarzes Vulkansalz aus Hawaii. Dieses ist komplett schwarz (und nicht dunkelrot), weist aber überhaupt keinen typischen Ei-Geschmack auf.

Wichtig: Obwohl der enthaltene Schwefelwasserstoff ein giftiges Gas ist, kann er in geringen Mengen gut vertragen werden. Trotzdem sollte man Kala-Namak-Salz nicht mehr erhitzen, sondern einfach nach dem Kochen über das jeweilige Gericht geben.

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