Ingwer

Allein schon der Duft eines frisch angeschnittenen Stückchens Ingwer lässt einem das Wasser im Munde zusammenlaufen und wenn er seine volle geschmackliche Wirkung entfaltet, wenn er mit Wärme in Berührung kommt, dann gibt es kulinarisch gesehen kein Halten mehr. Ingwer ist viel mehr als eine exotische Kulturpflanze. Ingwer ist Küchen-Kult, Welten-Wonne, Gaumen-Glück.

Ing – wer?

Fangen wir ausnahmsweise mal ganz vorne an und kümmern wir uns zunächst um die botanischen Aspekte der asiatischen Wunderknolle; das kommt bei unseren Texten – gerade bei pflanzlichen Lebensmitteln – ja selten genug vor und ist insofern vielleicht doch mal eine willkommene Abwechslung.

Erst …

Der Ingwer, „Zingiber officinale“, ist ein Rhizom und keine Wurzel. Definiert ist ein Rhizom als unterirdisch oder knapp oberirdisch gelagerte Sprossachse. Stellen Sie sich das Ganze als sozusagen flach wachsenden Stamm vor, aus dem die Wurzeln nach unten und die Blätter und Blüten nach oben sprießen. Fachleute sprechen hier auch von einem Wurzelstock – der Ingwer, den wir in der Küche verwenden, ist also nicht die Wurzel, sondern der „Stamm“ der Pflanze, auch wenn dieser nicht vertikal, sondern eben horizontal verläuft.

Der Ingwer ist eine Kräuterpflanze aus der Familie der Gewürzlilien und eines der ältesten Gewürze überhaupt. Er stammt ursprünglich aus dem südostasiatischen Raum, obwohl seine genaue Herkunft nicht ganz genau belegt ist.

Seine brennend würzige Schärfe verdankt der Ingwer einem Stoff mit dem vielsagenden Namen „Gingerol“ (die englische Bezeichnung für Ingwer lautet „ginger“, daher auch Gingerale und Gingerbread für Lebkuchen), was interessant ist, denn bevor der Pfeffer aus Afrika und die Chili aus Südamerika zum Beispiel in Indien eintrafen, blieb im Grunde nur der Ingwer, wenn man sein Essen gerne scharf mochte.

Der Ingwer ist ein Mitglied der Zingiberaceae-Familie, zu der auch Kurkuma und Kardamom zählen, und er ist, ganz weit entfernt, sogar mit Bananen verwandt.

Ungewöhnlicherweise kommt unser Ingwer wild wachsend in der Natur überhaupt nicht (mehr) vor, ganz anders als sein naher Verwandter, der Myoga oder Japanische Ingwer (Zingiber mioga). Der ist im Hochland Japans und in den gemäßigten Zonen Chinas zu Hause und spendet vor allem Knospen, Samen und Blätter, sein Rhizom wird also gar nicht verwendet. Insbesondere in der japanischen Küche ist er als Würzpflanze sehr beliebt und kommt praktisch täglich als Frischkraut zum Einsatz.

Ingwer, wie wir ihn kennen, kann ausschließlich über die Teilung des Rhizoms vermehrt werden, was allerdings ziemlich einfach ist. Sollten Sie es also einmal versuchen wollen, dann schneiden Sie ein großzügiges Stück (so an die fünf Zentimeter) von Ihrem Ingwer ab und bedecken Sie es in einem ausreichend großen Topf mit einem reichhaltigen Kompost – ein Saatkompost eignet sich hier ganz gut. Dann parken Sie den Topf einfach auf Ihrer Fensterbank, gießen ihn regelmäßig (als Tropenbewohner mag er es gerne warm und feucht) und warten darauf, Ihren eigenen Ingwer ernten zu können.

Dann …

Vielleicht fragen Sie sich gerade, wie denn nun der Ingwer eigentlich in unsere Breiten gekommen ist, und wie so oft sind daran gleich mehrere Kulturen beteiligt: Es gilt als erwiesen, dass Ingwer bereits seit ca. 2000 Jahren im Westen bekannt und beliebt ist. Zunächst einmal waren es hauptsächlich die Römer und Griechen, die den aus Indien eingeführten Ingwer sowohl wegen seiner kulinarischen als auch wegen seiner medizinischen Eigenschaften zu schätzen wussten. Leider verschwand der Ingwer dann aber zusammen mit dem Römischen Reich weitestgehend, was wohl hauptsächlich daran lag, dass nach seinem Fall arabische Händler den Gewürzhandel in und nach Europa dominierten und der doch sehr exotische Ingwer fast unerschwinglich wurde.

Dann allerdings machte sich ein gewisser Marco Polo auf die Reise. Ihm läuft der Ingwer im Jahr 1280 über den Weg (oder eher der Herr Polo dem Ingwer, wenn man es genau nehmen will). Da fällt ihm nämlich in China eine am Wegesrand hübsch blühende Pflanze auf, deren Fund er in seinem Tagebuch notiert und die er kurz entschlossen – gemeinsam mit dem einen oder anderen weiteren Schatz aus der exotischen Welt des Fernen Ostens – mit nach Europa bringt.

Leider bleibt der Ingwer noch eine ganze Weile sehr teuer, im Mittelalter hatten 500 Gramm der Knolle in etwa den Gegenwert eines gesunden erwachsenen Schafs. Trotz allem erfreute er sich bald immer größerer Beliebtheit und wurde zusätzlich zu seiner medizinischen Wirksamkeit auch zunehmend für seine kulinarischen Vorzüge geschätzt.

Königin Elisabeth I. (genau, die mit der Armada und dem Tod von Maria Stuart) war ein großer Fan und ihr wird nachgesagt, die Erfinderin des Lebkuchenmannes (also des bereits erwähnten Gingerbreads) zu sein. Und hätten sie im Nürnberg des 17. Jahrhunderts gelebt und wären im Dezember über den Christkindlesmarkt geschlendert, wäre es ihnen wohl sehr suspekt vorgekommen, wenn es da nicht an jeder Ecke nach Lebkuchen geduftet hätte: ohne Ingwer kein Lebkuchen. Und das wussten nicht nur die Meisterbäcker oder Lebküchler, sondern einfach jeder. Schließlich war Nürnberg zu dieser Zeit die Lebkuchenhauptstadt der Welt …

Ingwer war und ist ein äußerst wichtiges Gewürz – so wichtig sogar, dass die Baseler die Straße, auf der die Gewürzhändler ihren Geschäften nachgingen, „Imbergässli“ nannten (weil Ingwer, je nachdem, wo man gerade ist, auch als Ingber, Imber, Immerwurzel und Ingwerwurzel bekannt ist).

Jetzt …

Heute ist es natürlich überhaupt kein Problem mehr, mal gerade ein bisschen Ingwer zu kaufen. Die größten Produzenten sind, auch heute noch, Indien und China. Das ist auch deshalb interessant, weil Indien mit fast 1,8 Millionen Tonnen zwar am meisten produziert, China aber als größter Exporteur von Ingwer gilt. Wahrscheinlich essen die klugen Inder ihren Ingwer lieber selber auf, anstatt ihn ins Ausland zu verkaufen.

China ist in Sachen Exportmenge also allen voraus, gefolgt von Thailand, Peru, Brasilien und – interessanterweise – den Niederlanden.

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