Grünkohl

Ungenießbar, faserig, Hasenfutter: Was werden bzw. wurden dem Grünkohl nicht alles für negative Eigenschaften angedichtet! Dabei ist das mehr als ungerecht, denn mit seinem geschmacklichen „Wumms“, seiner feinen Süße, seiner Vielfalt und nicht zuletzt seinen sehr gesunden Bestandteilen ist er nicht nur irgendein Wintergemüse, sondern ein seit Jahrtausenden hochgeschätztes Superfood.

Die wussten, was gut ist! Die alten Griechen haben bereits im 3. Jahrhundert vor Christus mit Begeisterung ihren grünen Krauskohl angebaut, was eigentlich kein Wunder ist, da sein Urahn, der Wildkohl, seinen Ursprung in der Mittelmeerregion hat. Und weil die Römer den Griechen ohnehin so gut wie alles nachgemacht haben, übernahmen sie natürlich ebenso die Kultivierung dieses Top-Nahrungsmittels, wenn auch ein paar Hundert Jahre später. In Deutschland scheint er seltsamerweise erst relativ spät angekommen zu sein, so irgendwann im 16. Jahrhundert.

Natürlich gab es im Laufe der Zeit jede Menge Varianten, bis in die Neuzeit haben sich aber nur die allerwenigsten – zumindest im kommerziellen Einsatz – herüberretten können. Dabei hatte die eine oder andere Sorte geradezu erstaunliche Fähigkeiten. Um Hildesheim herum war das Gemüse zum Beispiel auch unter dem Namen „Hochkohl“ bekannt, was auf eine überraschende Eigenschaft hindeutet: Manche Sorten können über zwei Meter hoch werden, was dazu geführt hat, dass sie unter dem Begriff Oldenburger, Lippische oder Friesische „Palme“ berühmt waren. Und diese Beschaffenheit war auch sehr praktisch: Während die oberen Sprossen und Röschen als wichtiges Wintergemüse verzehrt wurden, dienten die unteren, älteren Blätter als hervorragendes Viehfutter. In Baden-Württemberg galt Grünkohl sogar sehr lange als reines Kaninchenfutter, was sich zum Glück allmählich geändert hat.

Der Volksmund sagt, dass der beste Grünkohl nach dem ersten Frost geerntet wird, was so aber tatsächlich nicht stimmt. Nicht der Frost macht den Kohl süß, sondern der mit zunehmend sinkenden Temperaturen zurückgehende Stoffwechsel der Pflanze und eine möglichst späte Ernte sind dafür verantwortlich. Reifer Grünkohl enthält zwar so gut wie keine Stärke mehr, hört aber nicht mit der Fotosynthese auf, was dazu führt, dass er mehr und mehr Traubenzucker verstoffwechselt. Dadurch also entsteht die Süße und nicht durch den Frost.

Über die „richtigen“ Rezepte kann man trefflich streiten, fast jede Region und jede Nation bereitet ihren Grünkohl auf ihre spezielle Weise zu – er schmeckt blanchiert im Salat, gekocht zu Herzhaftem, geröstet als Snack und auch roh kann er eine echte Delikatesse sein.

Was viele nicht wissen (wollen): Im Rohzustand zählt Grünkohl zu den Vitamin-C-reichsten Lebensmitteln überhaupt, steckt voller Ballaststoffe, Vitamine und Mineralien: ein echtes Superfood, das in einem äußerst gesunden Green Smoothie einfach nicht fehlen darf.