Blattsalat
So einfach ist das alles gar nicht
„Bringst du bitte noch einen Salat mit?“ – diese einfache Einkaufsanweisung ist wirklich nur auf den allerersten Blick klar zu verstehen und hat oft zur Folge, dass es dann ein typischer Kopfsalat ist, der im Einkaufskorb landet. Wenn man es nämlich etwas genauer nimmt – und das machen wir hier ja ganz gerne –, dann muss man zunächst einmal festhalten, dass es den Salat überhaupt nicht gibt, zumindest nicht als Pflanze. Mit „Salat“ ist vielmehr eine recht weit gefasste Zutatensammlung meist pflanzlicher Herkunft gemeint, die auch Tomaten, Zwiebeln, Pilze, Mais, Getreide, Obst, Nüsse, Fleisch, Fisch, Käse und dann natürlich auch die Blätter der einen oder anderen Pflanze umfassen kann, die wir fast immer ganz spontan mit „Salat“ assoziieren.
Oder anders gesagt: Salat ist ein Gericht und keine Pflanze. Salat kommt weder in der Botanik noch beim Gartenbau vor, er ist eher ein Begriff aus der ernährungs- und küchentechnischen Ecke. Lassen Sie uns darum an dieser Stelle lieber den Begriff „Salatpflanze“ benutzen.
Zwei Großfamilien
Unabhängig von dieser kleinen Erbsenzählerei wollen wir uns jetzt jedoch den Klassikern widmen und uns mit den typischen Salatpflanzen befassen, die wir heutzutage fast ausschließlich als Kulturpflanzen kennen. Im Grunde gibt es zwei große Familien, aus denen unser „Salat“ stammen kann: die der Lattiche, lateinisch Lactuca sativa, und die der Zichorien, lateinisch Cichorium. Auf Feldsalat (ein Baldriangewächs) und Rukola (einen Kreuzblütler) gehen wir an dieser Stelle nicht ein, das machen wir vielleicht ein andermal.
Die Sache mit der Milch
Fangen wir also mit Lactuca an, dem Lattich. Der weißliche Milchsaft, der aus Stängeln und Blütenständen austritt, ist schon den Römern aufgefallen, weshalb sie die Pflanze als „die Milchige“ bezeichneten, nach dem lateinischen Wort für Milch (lac). Allerdings hatten die Herrschaften dabei keineswegs unseren heutigen Kopfsalat im Sinn und in der Schale (Kopfsalat ist eine Züchtung aus der Neuzeit, also deutlich nach 1500), sondern viel eher den dunkleren, festeren, längeren „Bindesalat“, der uns heute besser als „Romana“ bekannt ist. Allerdings muss man wissen, dass schon aus weit vor der römischen Zeit Reliefs erhalten sind, die ziemlich deutlich einen „Romana“ darstellen – sie stammen aus dem alten Ägypten und sind ungefähr 4.500 Jahre alt. Das ist dann wirklich mal eine alte Sorte …
Noch mal kurz zu dem Milchsaft: Er enthält den Stoff „Lactucopikrin“ (Sie sehen: wieder „lac“). Dieser schmeckt für unsere Zungen recht bitter und gilt damit als wichtiger Geschmacksgeber für die verschiedenen Salatpflanzen (bei den Pflanzen aus der Lattich-Familie ist er in deutlich geringerer Konzentration vorhanden als bei den Zichorien, was diese entsprechend bitterer schmecken lässt).
Zum typischen Gartensalat aus der Familie der Lactuca zählen wir heute: Kopfsalat, Eis(berg)salat und Romana mit ihren recht glatten Blättern sowie die eher krausen Lollo rosso, Lollo bionda und den Eichblattsalat.
Hübsch!
Die zweite große Familie unserer Salate geht auf die „Wegwarte“ zurück, die überraschenderweise zur Ordnung der Asternartigen gehört. Und so hübsch die Gemeine Wegwarte auch ist, man käme wohl nie auf den Gedanken, dass sie die Grundlage für so gut wie alle etwas bitteren und festblättrigen Salate unserer Küche sind. Logisch: Der botanisch korrekte Name „Cichorium“ erinnert sehr stark an „Chicorée“, den saftig-fleischig-bitteren Hochgenuss, wie wir ihn heute kennen. Aber auch der Radicchio ist eine Zichorie, genauso wie die Endivie, die ebenfalls schon von den alten Ägyptern geschätzt wurde.
Über ein paar Ecken betrachtet, ist dieser Name übrigens ganz interessant: Unser Endivie entwickelte sich aus dem italienischen endivia über das griechische entybon wahrscheinlich nach dem altägyptischen tybi, was schlicht „Januar“ bedeutet. Die Blätter wurden nämlich schon in der Antike als Wintersalat verwendet. Und es stimmt: Die Endivie wird, egal ob glatt oder kraus, eher spät im Jahr geerntet, die Winterendivie sogar bis in den Dezember hinein – und ist auch relativ gut haltbar.