Foodpairing

Unter Foodpairing versteht man den kulinarischen Ansatz, vermeintlich nicht zusammenpassende Zutaten so miteinander zu kombinieren, dass vollkommen neue und überraschend interessante Geschmacksbilder und Gerichte entstehen. Grundlage des Foodpairings sind die sieben Schlüsselaromen bzw. Molekülgruppen, deren typische Eigenschaften für den Geschmack verantwortlich sind. Werden diese Schlüsselaromen so (neu) kombiniert, dass Gemeinsamkeiten oder auch Gegensätze entstehen, sind den kulinarischen Entdeckungen kaum noch Grenzen gesetzt.

Was Moleküle mit Foodpairing zu tun haben

1982 machte ein Forschungsteam der Universität im englischen Reading eine überraschende Entdeckung: Bei der Analyse flüchtiger Aromen von Erdbeeren fanden sie Verbindungen, die man bis zu diesem Zeitpunkt vor allem mit geröstetem Kaffee in Verbindung gebracht hatte. Diese Übereinstimmung zweier scheinbar so unterschiedlicher Zutaten – eine süße, saftige Beere und ein intensives, bitteres Heißgetränk – entfachte eine regelrechte Revolution in der Gourmetwelt.

Was damals als wissenschaftlicher Zufallsfund begann, ist heute fester Bestandteil moderner Küchenkonzepte, die man am präzisesten vielleicht mit „Aromachemie“ beschreiben könnte. Und das Ganze ist teils derart verblüffend, dass man sich fragt, wieso man nicht schon früher darauf gekommen ist: Warum harmoniert Erdbeere mit Balsamico so gut? Wieso ergibt Chili-Schokolade einen so runden Geschmack? Oder warum werden Trüffel und Parmesan als absolutes Traumpaar gehandelt?

Die Antwort steckt in den unterschiedlichen Molekülen, die in den verschiedenen Zutaten vorkommen und die entweder für ähnliche oder für perfekt kontrastierende Geschmacksnuancen verantwortlich sind. Inzwischen weiß man, dass sich praktisch jedes kulinarische Erlebnis auf sieben Molekülgruppen herunterbrechen lässt.


Die sieben Schlüsselaromen des Foodpairings

1. Fruchtig:

Schlüsselverbindung: Ester, Aldehyde (Äpfel, Zitrusfrüchte)
Charakteristik: reicht von frisch und spritzig (Zitrusfrüchte) bis zu vollmundig süß (Beeren, Steinobst)
Beispiele: Erdbeere, Ananas, Tomate, Balsamico-Essig

2. Floral:

Schlüsselverbindung: Linalool, Geraniol (Lavendel, Rosen)
Charakteristik: leicht, duftig, blühend
Beispiele: Honig, Jasminreis, Basilikum, Muskatnuss

3. Grün/Herbal

Schlüsselverbindung: Pyrazine, Chlorophyll-Derivate (grüne Paprika, Kräuter)
Charakteristik: Aroma von frisch geschnittenen Blättern oder Kräutern; leicht bitter, manchmal grasig oder pfeffrig
Beispiele: Petersilie, Matcha, Sauvignon blanc, Gurke

4. Würzig

Schlüsselverbindung: Eugenol, Zingiberen (Nelken, Ingwer, Pfeffer)
Charakteristik: warme, anregende Noten
Beispiele: Zimt, Kardamom, schwarzer Pfeffer

5. Erdig

Schlüsselverbindung: Geosmin, Methoxypyrazine (Rote Bete, Waldpilze)
Charakteristik: erdig-moosige Tiefe mit schweren, bodenständigen Aromen
Beispiele: Trüffel, Pinienkerne, Rotwein, Lammfleisch

6. Geröstet

Schlüsselverbindung: Furane, Maillard-Reaktionsprodukte (Steak, Kaffee, geröstete Nüsse)
Charakteristik: Karamell-, Rauch- und Röstnoten
Beispiele: dunkle Schokolade, Räucherfisch, Malzbier, Sesam, Grillfleisch

7. Umami

Schlüsselverbindung: Glutamate, Inosinat (Parmesan, Algen, Pilze)
Charakteristik: Umami wird oft als „herzhaft“ oder „fleischig“ beschrieben und ist neben süß, sauer, salzig und bitter die fünfte grundlegende Geschmacksrichtung.
Beispiele: Sojasoße, Anchovis, Shiitake-Pilze, gereifter Käse

Die sieben Schlüsselaromen beim Foodpairing sind weder Zwang noch Dogma. Vielmehr sind sie eine Art Atlas, der gut durch die Vielfalt kulinarischer Möglichkeiten navigieren kann. Von diesen Basiskategorien aus lassen sich nahezu unendlich viele Kombinationen ableiten, bei denen wir uns entweder auf Gemeinsamkeiten oder auf Kontraste oder auch auf beides stützen können. Grundsätzlich geht es aber immer um ein Paar aus den sieben Aromen.


Foodpairing braucht Übereinstimmung und Gegensatz

Foodpairing basiert im Wesentlichen auf Kontrast und Kongruenz:

Beim Kontrast wird bewusst auf unterschiedliche Geschmacksnuancen gesetzt, um eine Art geschmackliche Spannung zu erzeugen, die das Gericht interessant macht. „Avocado und dunkle Schokolade“ teilen sich das Röstaroma der Furane und „grüne“ Pyrazine. Deshalb schmeckt Avocado-Mousse mit Schokoüberzug oft besser, als man zunächst vielleicht vermuten würde. Ähnlich verhält es sich mit dem Klassiker „Erdbeere und grüner Pfeffer“. Beide bringen fruchtige und leicht würzige Noten mit, die sich sozusagen gegenseitig hochschaukeln.

Auch beim Klassiker „dunkle Schokolade mit Meersalz“ steht der Kontrast im Mittelpunkt. Die Schokolade kommt mit gerösteten und bitteren Noten, während das Meersalz eine mineralisch-salzige Komponente ins Spiel bringt, die zudem leichte Umami-Anklänge haben kann.

Bei der Kongruenz geht es darum, gemeinsame Schlüsselaromen zu verstärken – Tomate und Basilikum sind in ihrer Kongruenz ein entsprechendes Dream-Team, weil beide reichlich Methylchavicol enthalten, eine Verbindung mit leicht süß-anisiger Note. Während die Tomate vor allem fruchtig-säuerlich schmeckt, liefert Basilikum eine unverwechselbare grüne Frische. Gemeinsam entsteht eine Komposition, die dermaßen harmonisch ist, dass man damit wirklich gar nichts falsch machen kann.

Die 80/20-Regel: Ein bewährter Richtwert ist, etwa auf 80 % kongruente Aromen und 20 % kontrastierende Akzente zu gehen. Ein Beispiel wäre ein Linsengericht mit currywürzigen Noten (80 % erdig & umami), auf das Sie am Ende etwas frischen Koriander geben (20 % grün & floral).


Warum Foodpairing nicht immer funktioniert

Allerdings sind nicht alle gemeinsamen Aromaverbindungen automatisch ein Garant für den kulinarischen Erfolg. Banane und Nelke zum Beispiel teilen sich zwar das Eugenol, das in Gewürznelken und auch in so mancher Bananensorte auftaucht. Allerdings bringt Banane zusätzlich noch Isoamylacetat mit ins Spiel, das auch für das typische künstliche Bananenaroma verantwortlich ist und manchmal an billiges Bubblegum erinnert. Dieses sehr süße, leicht penetrante Aroma kann sich mit Nelken oder herzhaften Eugenol-Trägern wie Pulled Pork regelrecht in die Haare bekommen. Das Ergebnis: eine Art „Zahnpasta mit Orangensaft“-Effekt, der am Gaumen mehr Grausen als Genuss auslöst.


Von der Theorie zur Praxis: drei überraschende Foodpairings

Avocado & dunkle Schokolade – beide enthalten neben Fetten auch röstige Furane und grüne Pyrazine. Diese Gemeinsamkeiten lassen sich besonders gut in Desserts nutzen: Avocado-Mousse mit Kakaopulver und etwas Honig oder Agavendicksaft ergibt eine cremige Nachspeise, die man mit einer Prise Salz abrunden kann.

Lammfleisch & Maracuja oder Sauerkirsche – Lammfleisch hat einen ausgeprägt erdigen Charakter (Geosmin), während Maracuja/Sauerkirsche fruchtig-säuerliche Ketone enthält. Die Kombination bringt eine spannende Balance aus schwer und leicht, tief und spritzig. Ein Lammfilet mit einer reduzierten Maracuja- oder Kirschsoße kann zu einer aromatischen Offenbarung werden.

Gorgonzola & Birne & Walnuss – Gorgonzola strotzt nur so vor Umami-Aroma und hat eine leicht scharfe Note. Birne bringt fruchtige Süße mit floralen Nuancen und Walnüsse glänzen mit Röstaromen. Perfekt auf einer Käseplatte, aber auch als Füllung für herzhafte Tartes.


Foodpairing zu Hause

Legen Sie los, bleiben Sie neugierig und einfallsreich: Schnappen Sie sich Ihre Lieblingszutat, überlegen Sie, welche Schlüsselaromen sie in sich trägt, und machen Sie sich auf die Suche nach den passenden Partnern. Kombinieren Sie nach Lust und Laune, testen Sie Kongruenzen und Kontraste. Und wenn jemand erstaunt die Nase rümpft, weil Sie Erdbeeren mit Parmesan servieren, dürfen Sie milde lächeln – genau das kann der Beginn einer wunderbaren Freundschaft sein.

Für etwas Inspiration gibt es hier ein tolles Foodpairing-Rezept für Khoreshe Albaloo – Fleischsoße mit Sauerkirschen. Jetzt nachkochen!

Zum Rezept

Erfahren Sie mehr über unsere vielfältige Warenwelt

Kundennähe und kompetente, freundliche Beratung sind uns ein besonderes Anliegen.