Cheddar

Cheddar gilt als einer der beliebtesten Käse der Welt, in den USA belegt er Rang zwei und in Großbritannien den ersten Platz. Die große Beliebtheit in Großbritannien ist kein Wunder, immerhin wurde der Cheddar bereits seit dem 12. Jahrhundert hier hergestellt und hat seinen Namen von dem kleinen Örtchen Cheddar, das im Südwesten der Insel liegt. Sehr typisch für Cheddar ist seine oft kräftige Farbe, die von dunkelgelb bis kräftig orange reichen kann. Die Farbe ist allerdings künstlich zugefügt und sagt absolut nichts über den Geschmack oder die Qualität aus.

Cheddar wird auf eine ganz besondere Weise hergestellt, die „Cheddaring“ genannt wird: Der Käsebruch wird zunächst in Blöcken gestapelt, dann zerstückelt, dann schon gesalzen (was ungewöhnlich ist), danach in ein gefettetes Tuch gewickelt und dann für mindestens drei Monate bis zu zwei Jahre oder mehr gereift. Je älter ein Cheddar ist, umso intensiver wird sein Geschmack. Nur junger Cheddar eignet sich gut zum Überbacken, mittlerer und alter Cheddar ist bröckelig und enthält deutlich schmeckbare Käsekristalle. Cheddar ist lange haltbar und kann leicht im Kühlschrank gelagert werden.

Cheddar ist ein edler Käse

Tun Sie sich und der Käsewelt den Gefallen und vergessen Sie alles, was Sie über Cheddar auf Cheeseburgern wissen. Oder besser: Denken Sie ruhig weiter an Cheeseburger, lassen Sie dann aber die Käsescheiben außer Acht, die oben auf den Pattys liegen und dort ein mehr oder weniger schmelzendes Dasein fristen. Cheddar – zumindest der klassische – ist nämlich weit mehr als die gelb-salzige Scheibe, als die er uns gern in den Supermärkten begegnet. Cheddar ist ein Meisterstück der Käserei.

Wie der Cheddar-Käse zu seinem Namen kam

Benannt ist das gute Stück nach dem gleichnamigen Örtchen im Südwesten Englands, wo Touristen über die atemberaubende Cheddar Gorge staunen, ein lang gestrecktes, tief in die Landschaft eingegrabenes Tal, das an seinen Wänden von teils recht ausgedehnten Höhlen durchzogen ist. Archäologen geht bei dem Wort Cheddar dagegen das Herz auf, weil hier das beste erhaltene Skelett eines Vorzeitmenschen auf den Britischen Inseln gefunden wurde und das ganz folgerichtig als „Cheddar-Man“ berühmt wurde. Falls Sie das gerade nicht mehr auf dem Schirm haben sollten: 1903 wurde das etwa 10.000 Jahre alte Skelett gefunden und als dann im Jahr 2019 jüngst durchgeführte DNA-Analysen abgeschlossen wurden, staunte die Welt nicht schlecht über das Ergebnis: Cheddar-Man hatte höchstwahrscheinlich blaue oder grüne Augen, dunkelbraunes, möglicherweise schwarzes Haar und dunkle bis schwarze Haut. So einen Engländer hatte man wohl eher nicht erwartet.

Cheddar wird nur aus Kuhmilch hergestellt

Die Schlucht mit ihren Höhlen, in denen man früher Milch und Käse gelagert hat, weil sie durch die gleichmäßige kühle Temperatur und die hohe Luftfeuchtigkeit wie eine Art natürlicher Kühlschrank wirken, ist das eine. Der zweite entscheidende Faktor war schon im 12. Jahrhundert, dass sich die lokale Landschaft mit ihrem milden Klima und dem ausgedehnten Weideland ganz hervorragend zur Gewinnung erstklassiger und hochwertiger Milch eignete. Wenn man also gute Milch, beste Lagerungsmöglichkeiten und leicht verfügbares Salz (Cheddar liegt nicht weit vom Meer) zusammenrechnet, ist es alles andere als ein Wunder, dass einer der besten Käse überhaupt von hier stammt.

Bereits im 12. Jahrhundert bezeichnete der damalige König Heinrich II. Käse aus Cheddar als den „besten Käse Englands“ und es wird berichtet, dass er im Jahr 1170 etwa 10.000 Pfund davon für sich und seinen Hofstaat kaufte – der King war wohl ein echter Fan.

Von der Milch zum Cheddar

Eine solch erfolg- und traditionsreiche Sache wie der Cheddar kommt natürlich nicht ohne Entstehungsmythos aus. Hier soll es wieder einmal eine leicht abgelenkte junge Magd gewesen sein, die eines besonders schönen Tages gedankenverloren einen Eimer frische Milch zum Zwecke der Kühlung in einer der Cheddar-Höhlen abstellte und dann natürlich sofort wieder vergaß. Ein paar Tage später kam sie zwar zurück, aus der frischen Milch war allerdings mittlerweile Käse geworden. Hübsche Geschichte, allerdings weiß jeder, der auch nur das Geringste von Käse und seiner Herstellung versteht, dass sie auf gar keinen Fall stimmen kann.

Wie echter, originaler Cheddar entsteht

Am Anfang steht natürlich die Kuhmilch (Cheddar wird immer und ausschließlich aus Kuhmilch gemacht), die entweder frisch oder pasteurisiert zum Einsatz kommt. Zunächst wird der leicht erwärmten Milch eine Bakterienkultur zugegeben, wodurch sie „gereift“ wird, indem Milchsäurebakterien den enthaltenen Milchzucker in Milchsäure umwandeln. Dadurch sinkt der pH-Wert der Lösung und der spätere Käse erhält seine leicht säuerliche Note. Die gereifte Milch wird anschließend zwecks Gerinnung bei einer konstanten Temperatur von 29 bis 31 Grad Celsius mit Lab versetzt. Dessen Enzyme unterstützen die Gerinnung weiter und die Milch bekommt eine gelartige Konsistenz, die Dickete oder auch Gallerte genannt wird.

Im Grunde ist aber nichts anderes passiert, als dass sich die festen Bestandteile der Milch von den flüssigen lösen. Der Käser zerkleinert die Masse jetzt und trennt so den flüssigen Teil der Milch – die Molke – vom festen Teil – dem Bruch. Anschließend wird das Gemisch unter ständigem Rühren auf rund 40 Grad Celsius erwärmt. Während dieser Zeit fermentiert das Molke-Bruch-Gemisch weiter und wird noch saurer. Ist der gewünschte Säuregehalt erreicht, wird die Molke abgelassen und der Käsebruch bleibt im Kessel zurück.

Das Besondere beim Cheddar ist das „Cheddaring“

Sobald die Masse abgekühlt ist, zerschneidet der Käser sie in große, rechteckige Stücke, um sie für den nächsten Schritt in der Käseherstellung vorzubereiten: das „Cheddaring“. Dabei werden die Käsebruch-Rechtecke mehrmals gewendet und übereinander gestapelt (was man sonst bei quasi keinem anderen Käse so macht). Ziel dieses recht aufwendigen Arbeitsschritts ist dabei, so viel Molke wie möglich aus dem Bruch zu drücken. Während des Cheddarings wird erneut der Säuregehalt gemessen und wenn er dem Käser gefällt, werden die großen Rechtecke zum Zerkleinern durch eine Art grobes Sieb gepresst und die entstehenden kleinen Käsebruchstücke gesalzen (was ebenfalls ungewöhnlich ist, weil vielen Käsen ihr Salz erst ganz am Ende der Prozedur zugeführt wird, indem man sie mit Salzwasser ein- und abreibt).

Die Stückchen werden dann in Käseformen gefüllt, die ursprünglich zylinderförmig waren, heute aber auch oft quaderförmig sind. In beiden Fällen wird der Käse jetzt gepresst, um die Masse noch weiter zu trocknen. Wie es dann nach der Pressung weitergeht, unterscheidet sich je nach Form! 

Unterschiede zwischen traditionellem und industriellem Cheddar

In traditionellen Käsereien werden die zylindrisch geformten Laibe mit einem in Schweinefett getränkten Baumwolltuch umwickelt (es kann aber auch pflanzliches Fett verwendet werden, wenn der Käse vegetarisch sein soll). Das gefettete Musselintuch unterstützt die Bildung einer Käserinde und schützt den Laib vor Austrocknung, Schimmel und Schädlingsbefall. Die Laibe lagern dann mindestens neun Monate in temperaturkontrollierten Reifekellern (oder Höhlen). Vor dem Verkauf wird der Käse zerteilt, dafür wird das Tuch und meistens auch die Käserinde entfernt.

Vor allem für die industriell gefertigte und im großen Stil vertriebene Massenware dagegen werden viereckige Cheddar-Laibe hergestellt, die keine Rinde besitzen und einfach und mit möglichst wenig Abfall zerteilt und verpackt werden können. Aus diesem Grund wickelt der Käser die Käseform nach dem Pressen in eine halbdurchlässige Folie ein, die dann die Schutzfunktion einer natürlichen Rinde übernimmt. Hier beträgt die Reifezeit mindestens drei Monate, sie kann aber an die Wünsche der Kunden angepasst werden. Verpackt wird heute meist in Plastik, manchmal wird allerdings auch eine Wachsschicht aufgetragen, die den Käse vor Austrocknung, Oxidation und Schimmelbefall schützt.

Cheddar ist extrem beliebt

Dank seiner unbestrittenen Beliebtheit in England verbreitete sich der Cheddar schnell auch im restlichen Vereinigten Königreich, namentlich in Wales, Schottland und in Irland. Und mit der Ausdehnung des „Empire“ reiste der Käse einmal um die halbe Welt. Besonders beliebt ist er bis heute in den Vereinigten Staaten: Nach Mozzarella ist Cheddar der meistkonsumierte Käse der USA.

Die erste Käsefabrik der Welt wurde 1851 im Staat New York eröffnet und stellt – wie könnte es anders sein – ausschließlich Cheddar her. Auch heute noch wird sehr, sehr viel amerikanischer Cheddar industriell gefertigt. Mit dem englischen Original gemeinsam hat amerikanischer Cheddar die Basis aus Kuhmilch, die in der Regel pasteurisiert wird, und den Cheddaring-Prozess. Allerdings wird er meist als Schnittkäse vertrieben und selten im Tuch gereift.

Warum ist Cheddar orange?

So hübsch er auch aussehen mag, wenn er in tiefem Gelb oder frischem Orange unter die Glocke kommt: Geschmacklich hat die Farbe nichts zu melden – zumindest heutzutage nicht mehr. Ursprünglich ging es allerdings um ein bisschen Angeberei, denn wer es sich leisten konnte, machte aus frischer Milch mit vollem Fettgehalt seinen Käse. Wer dagegen aufs Geld achten musste, zog vorher zumindest die Sahne ab, um erst einmal Butter herzustellen und dann aus der weniger gehaltvollen Milch den Käse.

Vollmilch von Kühen auf besten Weiden enthält aber natürlicherweise eine gehörige Portion Betacarotin und wenn diese Milch zum Käse wurde, war der Käse tiefgelb oder auch orange. Musste man sparsam wirtschaften, dann verzichtete man eben auf ein bisschen späteren Hochgenuss, zog die Sahne ab und färbte die Milch kurzerhand mit etwas Safran ein. Heute wäre das allerdings schwindelerregend teuer, deshalb geht die Industrie (und auch manche Manufaktur aus Gründen der Tradition) mit einem natürlichen Farbstoff namens Annatto zu Werke. Aber wie gesagt: Wenn Sie nicht gerade zufällig in Cheddar sind und dort eine durch das Qualitätssiegel PDO (Protected Designation of Origin) geschützte „West Country Farmhouse Cheddar“-Käserei besuchen, die noch ganz nach alter Väter Sitte produziert, wird die Farbe Sie geschmacklich nicht weiterbringen.

Wie Cheddar schmeckt

Je länger ein Cheddar-Käse reift, desto kräftiger und intensiver wird sein Geschmack – im Grunde sorgen nur die unterschiedlichen Reifegrade für die große geschmackliche Vielfalt (wenn man nicht gerade Salbei, Paprika, Whisky, Portwein, Chili oder Marmite zusetzt, was man zwar machen kann, aber keineswegs muss, zumindest nicht, wenn man sich an dem einmaligen Eigengeschmack ergötzen will).

Junger Cheddar – 3 Monate Reifezeit: Die junge Variante zeichnet sich durch einen sehr milden und leicht säuerlichen Geschmack aus. Junger Cheddar hat eine eher sahnige Konsistenz und schmilzt schnell auf der Zunge oder auf dem Burger.

Mittelalter Cheddar – 4 bis 9 Monate Reifezeit: Mittelalter Cheddar besitzt einen nussigen und würzigen Geschmack. Seine Konsistenz ist leicht wachsig und beginnt damit, bröckelig zu werden, was ein Qualitätsmerkmal ist. Zum Überbacken ist er nur noch bedingt geeignet, weil er nicht wirklich homogen schmilzt.

Alter Cheddar – 10 Monate bis 2 Jahre oder mehr Reifezeit: Die alte Variante hat eine sehr feste Konsistenz, enthält knusprig-salzige Käsekristalle und bröckelt recht stark. Das Aroma ist intensiv und herzhaft. Zum Überbacken ist er eigentlich viel zu schade, aber wenn man nicht auf das geniale Aroma verzichten will, sollte man alten Cheddar zuvor reiben.

Cheddar ist besonders gut haltbar

Eins der Erfolgsgeheimnisse des Cheddars liegt darin, dass er nach der Reifung besonders lange haltbar ist und dass seine Lagerung über Wochen und Monate kein großes Problem darstellt. Am besten macht er sich im Gemüsefach des Kühlschranks. Cheddar kann sein Aroma allerdings bei Zimmertemperatur am besten entfalten, weswegen es sich empfiehlt, den Käse einige Zeit vor dem Verzehr aus dem Kühlschrank zu nehmen.

Um eine geschmackliche Beeinträchtigung des Cheddars durch andere Lebensmittel im Kühlschrank zu vermeiden, sollte er idealerweise mit Käsepapier, Wachspapier oder Metzgerpapier verpackt werden. Dieser Vorgang dient dem Schutz und der Atmungsaktivität.

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