Ananas

Bestimmt sind Sie beim Einkauf von Obstkonserven schon Dosen des Herstellers Dole begegnet, und das ist keinesfalls Zufall. Ohne einen gewissen James Drummond Dole nämlich sähe die Sache mit dem Dosenobst – allen voran der Ananas – wahrscheinlich ganz anders aus. Ebenso, wenn im Jahr 1819 nicht ein Schiff namens „Savannah“ einen Geschwindigkeitsrekord aufgestellt hätte. Hier sind die Hintergründe!

Wohl und Wehe

Schon vor Tausenden von Jahren liebten, verspeisten und verarbeiteten die Menschen in Mittel- und Südamerika die Frucht, die in Wahrheit nicht eine einzelne, sondern der Zusammenschluss einer ziemlichen Menge von Beeren ist (Fachbegriff: Beerenfruchtverband). Und es war ja auch zu praktisch: Die Pflanzen kamen mit relativ kargen Böden gut zurecht und wenn die Temperaturen nicht zu niedrig waren und die Bodennässe nicht zu hoch, dann wuchsen die gedrungenen Strauchpflanzen quasi ganz von selbst.

So weit, so wunderbar. Waren die Früchte nach einem guten Jahr zum ersten Mal erntereif, dann folgten in den kommenden Monaten noch mindestens zwei weitere Ernten, bevor der Pflanze sozusagen der Saft ausging und sie neu gepflanzt werden musste.

Fluch und Segen

Ihre unvergleichliche Saftigkeit, gepaart mit einem besonders hohen Zuckergehalt, machte die Ananas sozusagen direkt nach ihrer „Entdeckung“ durch Kolumbus im Jahr 1493 schlagartig zur begehrten Sehnsuchtsfrucht – sie war lecker, praktisch, nahrhaft und beliebt. Kolumbus war zwar blitzschnell klar, dass er auf ein sensationell gutes Obst gestoßen war, aber nicht, dass es für den Export nach Europa überhaupt nicht gut aussah: Die lange Seereise überstanden die Früchte einfach nicht, sie vergammelten auf den Schiffen. Sie enthielten eben ein bisschen zu viel Saft und deutlich zu viel Zucker, als dass sie eine monatelange Lagerung überstanden hätten.

Natürlich schafften es findige Händler dann irgendwann doch und brachten erste Früchte in die Niederlande und auch nach England, aber erstens dauerte das noch so knapp 200 Jahre (1661 für England) und zweitens waren die dann dermaßen schwindelerregend teuer, dass sie wirklich nur am Königshof auftauchten.

Das allerdings war ehrlich gesagt nur ein Problem in Europa, denn ansonsten war der Siegeszug der Pflanze rund um die Welt – zumindest in den Regionen, die gut für sie geeignet waren – absolut schnell und unaufhaltbar: Mit den Portugiesen kam die Ananas bereits 1550 in Indien an, wo sie zu äußerst günstigen Preisen gehandelt wurde, und auch nach Ost- und Westafrika brachten sie die Portugiesen. In China war sie sogar dermaßen erfolgreich, dass bereits im Jahr 1656 ein polnischer Jesuit namens Michał Boym überzeugt davon war, die Ananas sei eine ursprünglich chinesische Frucht.

Auf und ab

Aber noch mal zurück in unsere Breiten. Einerseits gab es wirklich keine Chance, Ananas hier anzubauen – und mit „hier“ sind vor allem Frankreich, England und die Niederlande gemeint –, andererseits war sie in der Zwischenzeit zu einem dermaßen hoch bewerteten Statussymbol avanciert, dass Geld für ihren Anbau praktisch überhaupt keine Rolle mehr spielte. Die Superreichen stellten die besten Gärtner an, ließen ausgeklügelte Aufzuchtanlagen bauen und als dann endlich die ersten nennenswerten Gewächshäuser errichtet werden konnten (und einigermaßen zuverlässige Thermometer erfunden wurden), ging es langsam voran. Berichten zufolge wurde die erste „europäische Ananas“ 1685 in den Niederlanden geerntet, in England brauchten sie ein bisschen länger und mussten bis 1693 warten. Und nur zum Vergleich: Eine einzige (!) englische Ananas kostete so um die 80 Pfund, was in etwa dem Preis für eine schöne Kutsche entsprach – nach heutigen Maßstäben wäre das ein netter Mittelklassewagen.

Der Standard war also gesetzt und mit sehr viel Geld konnte man die Ananas nun selber züchten. Kein Wunder, dass jetzt immer mehr (Geld-)Adel alles daransetzte, seine eigene Produktion aufzuziehen, um mit den entsprechenden Ergebnissen zu protzen. Einer der „Oberprotze“ seiner Zeit war natürlich Ludwig XV., der 1738 ein Gewächshaus für immerhin 800 Pflanzen bauen und betreiben ließ. Angeber …

Hin und weg

Nun ist das mit dem Fortschritt ja immer so eine Sache und um den kam natürlich auch damals schon keiner herum. Hintergrund für die nun folgende „Banalisierung“ der Ananas waren im Grunde nur zwei technische Entwicklungen, die den Wert der Frucht als Statussymbol mehr oder weniger in die Bedeutungslosigkeit sinken ließen: Erstens überquerte im Jahr 1819 mit der „Savannah“ das erste dampfgetriebene Segelschiff den Atlantik und stellte dabei natürlich einen neuen Geschwindigkeitsrekord auf. Bereits 1820 kamen dann die ersten nennenswerten Mengen überseeischer Ananas in England an, in den Folgejahren stieg die Zahl der so importierten Früchte in die Hunderttausende pro Jahr (und dass ab 1864 der Anbau im großen Stil auf den Azoren begann – also quasi vor der Haustür –, machte die Sache natürlich nochmals einfacher).

Die zweite technische Neuerung gab es ganz woanders, nämlich in Baltimore, USA, wo eine Maschine entwickelt wurde, die reife Ananas automatisch in Scheiben schneiden und den faserigen Kern entfernen konnte – kurz darauf gefolgt von einer Schälmaschine, die auch die Hülle zuverlässig abbekam. Von hier war es nur noch ein relativ kleiner Schritt bis zur Möglichkeit, Ananas im großen Stil in Konservendosen haltbar zu machen, wobei sich besonders ein gewisser James Drummond Dole einen Namen machte (und eine goldene Nase verdiente).

Dole kam 1899 nach Hawaii und profitierte sofort von einem Gesetz, das amerikanische Siedler dazu ermutigen sollte, sich auf dem Archipel niederzulassen (zur Erinnerung: Erst 1898 hatte Amerika die Inselgruppe annektiert, sich Hawaii also gewissermaßen einverleibt), und erwarb erst mal für kleines Geld eine schöne Menge Land. Die Ananas gediehen prächtig und als Dole dann noch auf den Trichter gekommen war, wie das mit dem Obst in Dosen so zu machen sei, gab es praktisch kein Halten mehr. Jetzt vergammelte nichts mehr, sodass fast die gesamte Ernte auf den Markt gebracht werden konnte, und so gesehen war es ja ziemlich klar, dass die Hawaiianer die ganzen Ananas niemals alleine würden aufessen können.

Rauf und runter

Kurzerhand startete Dole in den USA entsprechende Werbekampagnen, der Dole-Dosen-Absatz überstieg von nun an auch die kühnsten Erwartungen und beeinflusste den internationalen Markt dermaßen, dass wir auch heute noch vom „Toast Hawaii“ oder von einer „Pizza Hawaii“ sprechen, wenn bei dem Gericht irgendwie Ananas involviert ist. Die Preise für Dosenananas fielen in der Folge natürlich ins Bodenlose. (Hawaii ist bei der Produktion von Ananas inzwischen übrigens schon längst kein großer Player mehr; die USA, zu denen Hawaii ja nun mal gehört, landen heute auf einem mickrigen 27. Platz bei der Welternte – klar die Nase vorn haben die Philippinen, Costa Rica und Brasilien.)

Auf jeden Fall brauchte Mr. Dole deutlich mehr Land, woraufhin er im Jahr 1922 kurzerhand die komplette Hawaii-Insel Lānaʻi kaufte, die immerhin eine der acht Hauptinseln des gesamten Archipels darstellt und um die 30 Kilometer lang und 20 Kilometer breit ist.

Als guter Mensch, der der Pfarrerssohn nun mal war, führte Dole übrigens bereits 1915 für seine Belegschaft die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ein, 1920 die betriebliche Altersrente, 1921 Anteilsscheine für die Mitarbeiter, denen dadurch 31 % des Unternehmens gehörten. 1922 ließ der Firmenchef Modellsiedlungen für die Landarbeiter bauen und 1928 führte er eine Gewinnbeteiligung für sämtliche Mitarbeiter ein. Und solange Dole das Unternehmen führte, gab es – kaum überraschend – niemals einen Streik in der Firma. Geht doch …

Gut und schön

Es gibt zwar eine recht große Anzahl von lokalen Sorten, für den kommerziellen Anbau sind jedoch – zumindest hier in Europa – eigentlich nur zwei Gruppen von Bedeutung:

Die Cayenne-Gruppe mit Smooth Cayenne, Kew, Hilo, Baron Rothschild: Die wichtigste Sortengruppe. Die Früchte werden bis zu vier Kilogramm schwer, sind zylindrisch, orangegelb und faserarm. Das Fruchtfleisch ist hellgelb und aromatisch. Um das Jahr 2000 herum wurde Smooth Cayenne durch die MD2 als kommerziell bedeutsamste Sorte abgelöst. Diese zeichnet sich durch noch höhere Süße und geringere Säure aus und ist auch vergleichsweise länger haltbar: einen Monat ungekühlt und bis zu zwei Monate gekühlt.

Die Queen-Gruppe mit Natal Queen, Victoria, Alexandra, MacGregor, Z. Queen, Ripley Queen und Fairy Queen: Sie ist kleiner als die Sorte Cayenne. Die Früchte werden bis zu 1,3 Kilogramm schwer. Das Fruchtfleisch ist häufig kräftig gelb, die Früchte sind aromatisch, süß, haben wenig Fasern und werden meist für den Frischverzehr angebaut.

Erfahren Sie mehr über unsere vielfältige Warenwelt

Kundennähe und kompetente, freundliche Beratung sind uns ein besonderes Anliegen.