Warum Agar-Agar so vertraut klingt
Vielleicht erinnern Sie sich noch ganz dunkel an Ihren Biounterricht und daran, dass man in Petrischalen Bakterien, Hefen und Pilze vermehren konnte. Alles, was man dazu brauchte, waren logischerweise die Schälchen, irgendwelche Keime und eine schöne, saubere Schicht Agar-Agar, die der Biolehrer voller Stolz mit in den Unterricht brachte. Mit ein paar Keimen impfen, Deckel drauf und schon nach wenigen Tagen konnte man die schönsten und buntesten Kulturen bestaunen.
Was macht Agar-Agar so besonders?
Und Agar-Agar zu verwenden machte und macht auch jede Menge Sinn. Erstens wird es erst bei Temperaturen unter 45 Grad fest. Zweitens muss man es ohnehin kochen, damit es seine gelierende Wirkung entfalten kann, was sehr praktisch ist, wenn man mit zuvor sterilisierten Petrischalen arbeiten will. Drittens hat die ansonsten verfügbare Gelatine den großen Nachteil, dass es reichlich Mikroorganismen gibt, die gelatinehaltige Gele kurzerhand auffressen und somit unbrauchbar machen. Agar-Agar dagegen ist für die allermeisten Mikroorganismen unverdaulich (was auch dazu beiträgt, dass wir Menschen Durchfall bekommen können, wenn wir zu viel Agar-Agar zu uns nehmen).
Warum ist Agar-Agar so stark?
Die enorme Gelierkraft rührt vor allem von einem Mehrfachzucker mit dem schicken Namen „Agarose“ her, der 70 % des Agar-Agar-Pulvers ausmacht. Die restlichen 30 % bestehen aus Agaropektin, das nicht geliert und uns darum an dieser Stelle nicht zu interessieren braucht.
In der Küche dient Agar-Agar oft als vegane Alternative zur Gelatine, die ja bekanntlich aus Knorpeln, Knochen und Bindegewebe hergestellt wird. Besonders punktet Agar-Agar wie schon gesagt mit seiner unheimlich starken Bindung, die um Längen intensiver ist als die von Gelatine. Zum Vergleich: Ein halber Teelöffel Agar-Agar geliert in etwa so stark wie vier bis fünf Blatt Gelatine.
Also bloß nicht die in Rezepten angegebene Menge für Gelatine eins zu eins durch Agar-Agar ersetzen! Wer das tut, kann mit dem Ergebnis Tennis spielen.
Woher Agar-Agar ursprünglich stammt
In Japan ist Agar-Agar als Gelier- und Verdickungsmittel schon seit dem 17. Jahrhundert bekannt und wird dort gezielt vor allem aus Rotalgen hergestellt (genauer gesagt wird der Mehrfachzucker aus den Zellwänden der Algen herausgelöst). Überhaupt liegen seine Wurzeln in Asien (der Name geht auf Malaysia zurück).
Daran erkennt man Agar-Agar in Lebensmitteln
Als Lebensmittelzusatzstoff wird Agar-Agar mit der europäischen Zulassungsnummer E 406 ausgewiesen. Agar-Agar wird in den Zusatzstoffklassen Füllstoffe, Geliermittel und Verdickungsmittel geführt und darf für Bio-Lebensmittel verwendet werden.
Wozu man Agar-Agar oft verwendet
In der Lebensmittelindustrie kommt Agar-Agar für die Herstellung von Eiscreme, Süßwaren, Marmelade, Konfitüre, Gelee, Joghurt, Würzzubereitungen und Überzügen für Fleischerzeugnisse zum Einsatz.
In der Küche eignet es sich vor allem zum Abbinden von Speisen und zur Herstellung von Gelen (wenn man sich an diese eher knifflige Aufgabe heranwagen will, Stichwort „Molekularküche“). Allerdings sollten Sie ein paar Dinge immer im Hinterkopf behalten.
Hierauf sollte man achten, wenn man Agar-Agar verwenden will
- Es löst sich nur in kochenden Flüssigkeiten komplett auf und wird erst beim Abkühlen fest; kalte Cremes beispielsweise kann man damit also nicht abbinden.
- Die Bindekraft ist enorm und nicht zu unterschätzen, achten Sie also wirklich akribisch auf die Dosierung.
- Agar-Agar reagiert auf jede Flüssigkeit ein bisschen anders. Vor allem Säuren und Fette können die Bindekraft beeinflussen und sie schwächen – Früchte wie Pflaumen und Aprikosen hingegen verstärken seine Gelierkraft noch.
- Aus bestimmten Gründen, die an dieser Stelle nicht wichtig im Detail sind (Synärese), ist es ratsam, dem Agar-Agar etwas Johannisbrotkernmehl beizumischen, wenn man zum Beispiel ein Gel herstellen will.
- Das Gute dabei ist, dass Agar-Agar vollkommen geschmacksneutral ist, also kein bisschen Eigengeschmack aufweist. Außerdem hat es die angenehme Charaktereigenschaft, Aromen an sich zu binden, was es zu einem zuverlässigen Partner macht, wenn man mit sehr feinen und vielleicht auch etwas anspruchsvolleren Aromen umgeht und kocht.